V Mariboru je od leta 1903 do 1919 živel in delal protestantski pastor Ludwig Mahnert (1874–1943). Prišel je iz Westfalskega in v letih 1900-1903 delal v Radljah ob Dravi. Zaradi nagovora na pogrebu gimnazijskega profesorja Zena Gugla , ki je bil ena od žrtev streljanja na demonstrante, januarja 1919, so ga slovenske oblasti zaprle in obsodile, on pa je zbežal v Gradec in pozneje delal v Salzburgu. O njem lahko preberete v biografski novici Ludwig Mahnert.
Pesmi so iz knjige Gedichte, ki je izšla pri založbi J. F. Steinkopf v Stuttgartu leta 1922.
GEBORGEN
Am nachtschwarzen Himmel zucken die Blitze,
Und ferne rollen die Donner leis.
Wohl mir, daß ich im Trockenen sitze
Und daß ich mich geborgen weiß!
In Sturm und Stille spricht fröhlich mein Mut:
Die Welt ist so schön, und Gott ist so gut’.
MEIN PFARRHAUS
Rote Rosen leuchten vor deinem Tor.
Aus dem Grün der Birken blickst du hervor,
Selber lichtgrün, nur die Läden sind braun,
So bist du gar freundlich anzuschau’n.
Bist kein gewaltiger Steinpalast,
Der fünf, sechs Sippen bequemlich faßt,
Reckst dich nicht hoch und dehnst dich nicht breit,
Du hassest wie ich die Protzigkeit,
Liegst da bescheiden und wartest still,
Ob einer dich freundlich besuchen will.
Und sieh, die Leute kommen und gehn.
Manch einen hast du kommen gesehn,
Traurigen Blicks und das Haupt gesenkt,
Weil Menschen ihn oder Sorgen gekränkt,
Und getröstet ging er wieder hinaus
Und neugestärkt in des Lebens Strauß.
Da naht sich ein Pärchen, Hand in Hand.
Bald tritt’s in den heiligen Ehestand.
Siehst du, mein Pfarrhaus, den fröhlichen Schritt?
Freu’ dich, mein Pfarrhaus, o freue dich mit!
Und um den Arm den Trauerflor,
Gebückt geht ein Alter durch dein Tor:
»Der liebe Gott wollt’ es so haben,
Sie müssen mein Weib mir begraben!«
Und Kinder kommen, zaghaft und scheu.
Sie fragen, wo der Herr Pfarrer sei,
Die Mutter ließe ihm freundlich sagen,
Sie wollten morgen zur Taufe tragen
Das Schwesterchen, das in dunkler Nacht
Jüngst ihnen der Storch ins Haus gebracht.
Ein altes Weiblein steht im Flur:
»Ach, ein paar Kreuzer erbitt’ ich nur,
Ich bin so krank und ich bin so arm,
Kein Mensch will mir helfen, daß Gott erbarm’!«
Verwittert das Antlitz, zerrissen die Schuh’,
Schnapsduftend, — Bruder, was willst denn du?
»Ein armer Reisender,« hebt er an. -
»Das kenn’ ich schon, mein lieber Mann,
Doch komm, geh’ mit mir in den Garten,
Wo Axt und Spaten auf dich warten.«
Drauf sagt der andere kein Wort,
Er dreht sich um und geht wieder fort,
Sein mißvergnügtes Angesicht
Sagt mir: Pfarrhaus, der mag dich nicht!
Ich aber, Pfarrhaus, segne dich still
Mit deinem Frieden. Wenn Gott es will,
Darfst du noch lange die Herberge mein,
Darf ich noch lange in dir sein.
Schlägt mich der Kampf des Lebens wund,
Du machst alsbald mir das Herz gesund.
Kehr ich zurück dir, traurig und müde,
Erquickt mich wieder dein süßer Friede.
So bist du mir ein trauter Gesell,
So bist du mir ein frischer Quell,
Der in mein täglich Leben fließt
Und Kraft mir in die Glieder gießt!
Mein Pfarrhaus du, ich möchte dich preisen
In immer neuen, jubelnden Weisen.
Doch das ist wohl dein schönster Preis,
Wenn ich von dir zu singen weiß:
Im Himmel, bei Gott und den Engelein,
Im Himmel kann es nicht schöner sein!
Denn wohnet Gott nicht auch in dir?
Und sind die Engel nicht auch bei mir?
Da kommen sie mir ins Zimmer gerannt,
Und bunte Blumen bringt ihre Hand.
Alle drei sind frisch wie der Tau,
Blond ihre Haare, ihr Auge blau,
So stehen sie da und lachen froh,
Denn rechte Engel sind immer so.
»Tust lernen, Vater? Tust Predigt machen?«,
Fragt da der Detlev. — »Ei, das sind Sachen,
Die gehen solchen kleinen Mann,
Wie du einer bist, noch gar nichts an!« —
»Ich will aber auch ein Pfarrer werden!« —
»Das kannst du nicht, macht viel Beschwerden,
Du kannst ja nicht mal so lange stehn,
Wie doch beim Predigen muß gescheh’n!«
Was sagt er drauf, der kleine Sohn?
»Aber, Vater, reden kann ich schon!«
Und hell blitzt seiner Augen Schein:
Ich glaube, der wird mal ein Pfarrer sein!
»Doch nun hinaus in den Garten geht,
Dort, wo der schöne Marillenbaum steht!
Die goldene Frucht, die oben lacht,
Gott hat sie nur für euch gemacht.«
Und fröhlich springen sie und munter
Und mit Geschrei die Treppe hinunter.
Gott segne euch, ihr Engel ihr,
Ihr macht mein Pfarrhaus zum Himmel mir!
Euch will ich Lieb’ und Leben weih’n,
Der Pfarrer darf ein Vater sein,
Darf seine Kinder lieben und herzen,
Mit ihnen spielen, mit ihnen scherzen
Und führen sie an starker Hand
Mit sich ins liebe Himmelsland.
Und wenn wir einst nach oben kommen,
Ins Haus der Seligen und Frommen,
Dann schau’n wir uns wohl lächelnd an,
Weil nichts uns mehr verwundern kann,
In unsern Augen steht’s zu lesen:
Wir sind schon auf Erden im Himmel gewesen!
DER PFLÜGER
Vom Berge steigt der Morgen zu Tal,
Die Arbeit an seiner Seite.
Vor ihnen, dampfend im Sonnenstrahl,
Liegt des Feldes wartende Weite.
Da hebt der Morgen leise die Hand,
Und die Augen der Arbeit winken:
Tief furcht die Pflugschar das taufeuchte Land,
Und die Hufe der Rosse blinken.
Und Scholle um Scholle legt sich um
In Wellen, langsamen, leisen.
Der junge Pflüger geht stolz und stumm
Hinter dem blitzblanken Eisen.
Der junge Pflüger geht stumm und stolz
Und schaut nicht nach der Seite,
Die harte Hand am harten Holz,
Den Blick geradaus in die Weite.
Und Lerchenlaut durchjubelt die Luft,
Durchhallt das stille Gelände.
Die Erde verströmt hochheiligen Duft
Als Weihrauchopferspende,
Und wie ein frommes Dankgebet
Liegt es auf ihren Mienen,
Wenn hinter’m Pflug der Pflüger geht,
Um herrschend ihr zu dienen.
DIE BIBEL
Steht eine Bibel wo im Schrank,
Ist ganz verstaubt, sie steht schon lang’,
Steht wohl schon an die zwanzig Jahr’,
Seit sie im Mai am Traualtar
Einst einem Paare frisch und jung
Geschenkt ward zur Erinnerung.
Ach, daß man sie so ganz vergaß,
Kein Auge forschend in ihr las,
Kein Herz sich mehr an ihr erfrischt
Und keine Hand den Staub gewischt!
Wartet geduldig wie der Herr Christ,
Ob sie nicht wem willkommen ist.
Die Tage kommen, die Tage gehn,
Die Bibel bleibt im Winkel stehn,
Lebendig begraben im Totenschrein,
Und möchte so gerne ein Freund doch sein,
Ein treuer Freund in des Lebens Not
Und für den Hunger das beste Brot!
Da kam ein Tag, da griff eine Hand
Wohl in den Schrank, wo die Bibel stand,
Die zog sie ins silberne Sonnenlicht,
Es blies ein Mund, aufwirbelte dicht
Und tanzte der Staub der Vergangenheit,
Da glänzte sie golden im alten Kleid,
Wie die Sonne glühte vor Freud’ ihr Gesicht,
Wer schöner glänzte, ich weiß es nicht.
Man schlug sie auf: ihre Seiten weiß,
Nur am Rande vergilbt, erzitterten leis,
Sie schauten empor in ein Augenpaar,
Das umflort von Trauer und Tränen war,
Und eine bebende Menschenhand
Hielt sanft das bebende Buch umspannt.
Und nun fing sie zu reden an,
Wundert sich schier, daß sie’s noch kann,
Und sprach vom Heiland Jesus Christ,
Wie er so lieb und freundlich ist,
Und wie er hilft und heilt und trägt
Und uns die Hand auf die Schulter legt
Und wie er segnend zu uns spricht:
»Sei getrost, ich bin es, fürchte dich nicht!«
Und wie sie mitten im Reden war,
Da zuckte und zuckte das Augenpaar,
Und eine Träne, wie Sonnenschein
So silbern, fiel in die Bibel hinein,
Die trank den seltenen, heiligen Saft
Und gab dafür ihre beste Kraft.
Die Tage kommen, die Tage gehn —
Und wo hast du deine Bibel stehn?
KARFREITAG
Blutrote Rosen umfangen den Kreuzespfahl,
Der Heiland veratmet einsam in wilder Qual.
Gottvater sitzt hinter dunklen Wolken und lauscht,
Ein Engel fliegt schwer und langsam, sein Fittich rauscht.
Gottvater wartet und lauscht, und der Teufel lacht,
Die Hölle jauchzt hellauf, und es webt die Nacht
Ein Riesenleichentuch von tiefschwarzer Farb’,
Die Erde zuzudecken, sobald Jesus verstarb.
Und schneller fliegt der Engel, wie der Vogel fliegt,
Bevor er dem Pfeile des Jägers erliegt,
Wie Noahs Taube über’m flutenden Meer,
Mit todbangen Augen fliegt er hin und her.
O bitterschwerer Auftrag, der heute ihm ward!
Gottvater sitzt hinter dunklen Wolken und harrt.
Die Stunden träge schleichen, als schlafe die Zeit,
Weitauf springt donnernd das Tor der Ewigkeit,
Das Tempeltuch zerreißt, die Sonn’ nicht mehr scheint,
Die Erde erbebt, und der Himmel weint.
Da kommt von unten herauf langsam der Tod,
Er kommt und keucht, und seine Sense ist rot,
Und müde ist er, so müde vom heißen Krieg,
Vom blutsau’ren Sieg und vom letzten Sieg.
Am Grenzstein, der zwischen Himmel und Erde steht,
Zerschlägt er die Sense, lacht höhnisch und geht.
Wohin er gegangen, hat niemand gefehn,
Und auch den Grenzstein sehe ich nicht mehr stehn.
Da fliegt der Engel zögernd zu Gottes Thron:
»Ich bringe dir Kunde von deinem liebsten Sohn.
Getreu und gehorsam deinem Vatergebot,
Hat er sein Werk getan, und nun ist er tot!«
Da hat des Herrgotts Stimme leise gebebt,
Und Himmel und Erde hörten’s: »Du irrst!
Er lebt!«
SÜDSTEIRISCHE HEIMAT
Länder sind Menschen. Südsteirisches Land,
Ich habe dein innerstes Wesen erkannt:
Aus deutschem Norden einst kam ich hierher,
Und dir zu dienen war mein Begehr.
Du warst mir ein Land der fährlichen Not,
Vom Haßschrei durchgellt und von Raubgier umdroht,
Ich wollte in junger, in reisiger Kraft
Dir helfen mit meines Schwertes Schaft,
Mein Wort, mein Lied, meinen tapferen Mut,
Ein rüstiges Schaffen, ein fröhliches Blut,
Dir wollte ich alles opfernd weih’n
Und dir ein treuer Grenzwächter sein.
So kam ich zu dir, und du nahmst mich an. —
Graufäden die Zeit um die Schläfen mir spann,
Doch mein Herz blieb jung und mein Herz bleibt dir treu,
Und wir bleiben für immer zusammen, wir zwei!
Länder sind Menschen. Südsteirisches Land,
Ich habe dein innerstes Wesen erkannt:
Ich steh’ auf des Bachern sanftlinigem Kamm,
Gelehnt an den rissigen Eichenbaumstamm,
Und schau’ in der Sonne sinkendem Strahl
Mit leuchtendem Blick in dein stilles Tal.
Ein Kuckuck ruft, eine Glocke klingt,
Eine Biene summt, ein Wanderer singt,
Der sonntagsfröhlich heimwärts zieht,
Und es orgelt der Wind ein frommes Lied.
Da steh’ ich und lese in deinem Gesicht,
Überglänzt von der Sonne gleißendem Licht,
Des Draustroms blitzendes Silberband
Schmückt deine Stirne, du schönes Land,
Unter dem Mieder, aus Wäldern gemacht,
Atmet dein Busen hauchruhig und sacht,
Um deinen Arm schlingt sich Rebengrün,
Zu deinen Füßen Kornblumen blühn,
So liegst du, offenen Auges, verträumt,
Sanft gebettet und bergeumsäumt.
O träume, mein Sonnland, es kommt die Zeit,
Da schimmert die Heimat im Eisenkleid,
Da brandet des Weltkriegs Wogenschwall
Um Östreichs blutgetauften Wall,
Da ziehn deine Söhne das tapfere Schwert
Und siegen und sterben, der Väter wert,
Und wie in den Tagen der Türkennot
Geht sichelnd durch deine Felder der Tod.
Da stehst du auf, und dein Atem geht schwer,
Auf der Stirne Trutz, kein Träumer mehr,
In den Augen blitzt dir ein heiliger Mut,
Weinfeuer flammt dir durchs junge Blut,
Eine Göttin des Krieges stehst du da,
Und deine Söhne jauchzen Hurra!
O Land der Schönheit, o Land der Not,
Gottgeküßt und kampfsturmumdroht,
Träumer und Streiter, südsteirisches Land,
Wie bist du dem deutschen Wesen verwandt!