Es blüht daß wahrhaft Schöne nur
In Jugend unvergänglich,
Drum glücklich, der für seine Spur
Den Blick sich wahrt empfänglich.
Zueignung.
Es sollten nur harmonische Gefühle
Tiefinnern Friedens meiner Laut’ entklingen,
Sie sollte von der Heiterkeit nur singen,
Wie sie dem Fleiß gewährt des Abends Kühle.
Doch mich ergriff alsbald die Wetterschwüle
Der dunklen Zeit mit ihrem Schmerzensringen,
Und fortgerissen von des Sturmes Schwingen,
In heil’gem Zorn ich durch die Saiten wühle.
Wem ich dieß Büchlein gern entgegen brächte?
Den Männern, die den frechen Weltzerrüttern
In’s Antliß schleudern das Gewand der Knechte;
Doch, ist ihr blinder Stumpfsinn nicht zu schüttern,
Und liegt das Heil im kommenden Geschlechte,
Dann, Manneswort, dann sei geweiht Müttern.
Wildhaus, den 10. December 1861.
Erste Abtheilung.
Laß Menschen schreiben immer zu,
Das schönste Buch, Natur, bist du;
Und schließt sich einst mein Auge zu,
Mein letztes Wort, Natur, sei du.
Landleben.
O, laß mich deine traute Stille preisen,
Du ländlich abgeschloss’nes Arbeitsleben:
Zu Ruhm und Reichthum wirst du nie mich heben,
Doch um so sicherer zum Glück des Weisen.
Mag folgen ich des Pfluges hel’gen Gleisen,
Die Frucht veredeln meiner gold’nen Reben,
Den Waldesriesen schlanke Brüder geben,
Das graue Rind mit duft’gen Gräsern speisen, —
Wo immer hin ich mag die Schritte wenden,
Was immer ich mag pflanzen oder hegen,
Mein Thun und Trachten ruht in Gottes Händen;
Und niemals bangt mir vor des Himmels Schlägen:
So lang zu kühne Wünsche mich nicht blenden,
Ist immerdar fein letztes Wort ein Segen.
Mein tägliches Gebet.
Du schenktest mir ein Weib nach meinen Sinne
Ein Kinderpaar, der Mutter nachgerathen,
Und Gut’s genug, daß, pfleg‘ ich meiner Saaten,
Ich reichlich mir mein täglich Brot gewinne.
Du gabst weit mehr: du ließest werden inne
Mich stets den Werth der Freunden, di mir nahten,
D’rum, wann ich will lobpreisen deine Thaten,
Nie weiß ich, womit ich zuerst beginne.
O Herr, nach einem höhern Glück zu streben,
Liegt fern mir wie kein and’re Unterfangen;
Erhalte mir, was nun verschönt mein Leben,
Und willst ein Opfer du von mir verlangen,
Leih mir die Kraft, dir willig rückzugeben,
Was ich aus deiner Vaterhand empfangen.
Humanitätler.
Ein Traumbild dieses Lebens festzuhalten,
Sucht jeden Unterschied ihr auszugleichen,
Und weil das Harte sich nicht fügt dem Weichen,
Erzeugt ihr knochenlose Scheingestalten.
Ihr merkt es nicht, wie dem tollen Schalten,
Das Allen will zu gleichen Theilen reichen,
Verdienst und Tugend gleich Verbrechern schleichen,
Und Lug und Laster straflos sich entfalten.
Wenn man euch sieht, die Kinder überbilden,
Und Männer zieh’n, die weiblich sich geberden,
Und Weiger, die zu Männern auf sich raffen, —
Sieht man, durch Unnatur zu falschen Affen
Die stolzen Ebenbilder Gottes werden,
Schier sehnt man sich nach Urwald und nach Bilden.
Schattenrisse.
I.
Göthe
Als Pathe stand das Gluck an deiner Wiege,
Hielt treulich aus beim Jüngling, Mann und Greife,
Und führte spielend dich auf sanftem Steife,
In jedem Zweig der Kunst, von Sieg zu Siege.
Bei deinen Werken allen ist’es, als liege
Kein Zoll breit zwischen dir und einem Preise,
Der höchsten Meister Weis‘ ist deine Weise,
Gleichwie des Aar’s daß er zur Sonne fliege.
D’rum wird von selber unter deinen Händen
Natur zur Kunst, und feh’n wir sich vollenden
Zur ächtesten Natur, was dir gefallen,
Als Kunstwerk in die Welt hinauszusenden,
Und glauben wir, wann deine Lieber schallen,
Es reden tief im Hain di Nachtigallen.
II.
Schiller.
Daß dir das Stück stiefmütterlich gegeben,
Was es verschwendet auf so vielen Bahnen,
Nie kümmerte sich d’rum das inn’re Mahnen
Das deiner Sendung dir gebot zu legen.
Du wolltest eine höh’re Welt erstreben,
Und kämpftest mit der Kühnheit der Titanen,
Und als verwirklicht war dein treues Ahnen,
Da hieß, zu früh! das Schicksal dich entschweben.
Doch kann dich jeder Glücklichste beneiden:
Denn, was in Schönheit deinem Weist entsprühte,
Es trägt den Stempel jenes ew’gen Strandes,
Und was du schufst inmitten deiner Leiden,
Es spricht vom tiefsten, deutschesten Gemüthe,
Und machte dich zum Liebling deines Landes.
III.
Platen.
Entfliehend schmerzlichen Erinnerungen,
Betrat’st du Wälschlands kunstgeweihte Schollen,
Und hast im ew’gen Lenz, dem zauberwollen,
Dir einen ew’gen Lorbeerzweig errungen.
Wer hat den spröden Stoff so ganz bezwungen?
Wem hat gleich dir, im Lieben und im Grollen,
Die Rede so krystallenklar gequollen?
Wenn hat Gedankenadel so durchdrungen?
Du hast mich angezogen stets vor Allen;
Ich schaute, durch entzückende Gefilde
Den deutschen Geist in Hellas‘ Schönheit wallen;
Doch wann mein Sehnen, das vielleicht zu wilde,
Un’s Herz dich schloß, da fühlt‘ ich ab mich prallen
Von einem wunderbaren Marmorbilde.
Steiermark.
Es hat in duftig grünendem Gewande
Sich Gottes Segen über dich ergossen,
Und blüht aus deinen wald’gen Bergkolossen,
Auf deinem weinbekränzten Hügellande.
Und der dich vom bewegten Silberbande
Reizender Ströme siecht so klar umflossen,
Der ruft: Dich hat die Lieb’ an’s Herz geschlossen,
Die Schönheit bietend dir zum Unterpfande.
Gleich deinen Triften, deinen Ackerschollen,
Ist auch dein Inn’res an edler Spende,
Von mächt’gen Andern reinsten Stahl’s durchquollen;
Und, daß der Liebe Werk sich ganz vollende,
Zwei Völker reichen sich, trotz Feindesgrollen,
Zum ew’gen Bruderbund in dir die Hände.
Das Glück.
Das spröde Glück läßt nimmer sich erjagen,
Und mag nur frei sich geben und entfalten,
Selbst willig kommend, ist es schwer zu halten,
Noch schwerer, stark und würdevoll zu tragen.
Entflieht es dir, sei mannhaft im Entsagen,
Soll’s jemals wieder schön dein Loos gestalten,
So darf vor allem nie dein Muth erkalten,
Denn nichts verpönt es mehr, als das Verzagen.
Weh’ dir, wenn einzig an die flücht’ge Blüte
Der Außenwelt gewiesen ist dein Leben,
Wenn nicht in einem reicheren Gemüthe,
Du den getreusten Freund dir hast gegeben:
Das Glück ist nie verschwend’rischer an Güte,
Als wann wir es am wenigsten erstreben.
Rauch und Rauch.
Die Krankheit fesselt, eine schwere Kette,
Mich lange schon, wie lang noch, Gott mag’s wissen;
Mein ganzes Leben wurde mir entrissen,
Nur grüßen darf ich’s aus dem Leidensbette.
Den Weg, der aus des Trübsinn’s Nacht mich rette,
Bin ich zu suchen einzig nun beflissen;
Gottlob, zwei freunden hab’ ich nicht zu missen:
Cigarrenrauch un klingende Sonette.
Nur Rauch und Rauch, — so hör ich spottend sagen.
Mag immerhin der Welt mein Wort nur gelten
Als Rauch, den jedes Lüstchen kann enttragen;
Wir gilt’s als ein Geschenk gar werth und selten,
Denn was bei Andern schmerzlich wird zu Klagen,
Entführet mich in leidenlose Welten.
Antiken.
I.
Prometheus.
»Ich wollte dieß entartete Geschlecht
Verjüngen an dem Glutstrahl meiner Liebe,
Und neu erwecken die gestorb’nen Triebe
Für Treu’ und Glauben, Edelmuth und Recht.
Ich woll’t, aus daß des Irrthums feiger Knecht
Nicht ewig in des Lasters Sumpf verbliebe,
Auf daß der Lüge Reich in Nichts zerstiebe,
Die Menschen neu erschaffen groß und ächt.
Jedoch ihr Gott, der Eigennutz, erkannte,
Das feinen Thron zu schüttern ich gewagt,
Und seine ganze Rachlust wild entbrannte.
Da ward an diesen Fels zu ew’gem Leide
Ich festgeschmiedet, und der Undank nagt,
Ein Geier, mir am tiefsten Eingeweide.«
II.
Memnon.
»Mag, einen wolkenlosen Tag zu bringen,
Des Morgens erster Lichtstrahl auf mich fallen,
Mag düster, sich zur Sturmesnacht zu ballen,
Das Abenddunkel nah’n auf Nebelschwingen;
Was immer mag in meine Seele dringen,
Nur Harmonien hört’ ihr aus mir hallen,
D’rum seh’ ich euch von ferne zu mir wallen,
Und, wann ich rede, staunend mich umringen.
Wol einem Zaub’rer wär’ ich gleich zu halten,
Vermöcht’ ich eures Lebens schrille Klage
Zum labenden Accorde zu gestalten:
Was in mich sinkt, macht klingend nur erbeben
die Harfe, die gestimmt ich in mir trage,
Den Seelenfrieden, dem geweiht mein Leben.«
An mein Thal.
O du mein Thal, wo stolz im Wellentanze
Dem Waldesdunkel sich entringt die Drau,
Wo Saatengold und Wiesengrün im Thau
So lebensfrisch erzählt vom Aufgangsglanze,
Gehütet von des Bachers Riesenschanze,
Die träumerisch sich dehnt in’s stille Blau, —
Wann ich in deiner Morgenpracht dich schau’,
Und denke, wie so schön das große Ganze,
Du kann ich Eins am wenigsten erfassen:
Wie Menschen mögen dieses Leben hassen,
Der ew’gen Liebe wundervolles Werde!
Nur sie, nur sie, die Lieb= und Gottverlassen
Den reichsten Segen wandeln in Beschwerde,
Die Hasser nur sind häßlich auf der Erde.
Meine Liebe.
Hab’ früher oftmals mich bestürmt mit Fragen,
Warum mein Lied so selten dir erklungen,
Warum, wann meine Sehnsucht dich gesungen,
Mir immer war, als sei zu toll das Wagen?
Geliebte, seit den Herz für mich geschlagen,
Dein Leben meinem Leben sich verschlungen,
Hat ein tiefinn’res Glück mich so durchdrungen,
Daß ich’s mit Worten nicht vermag zu sagen.
D’rum mögen nur in unerreichten Bildern,
Gepries’nen Klagen, reizenden Berichten
Die größsten Sänger ihre Liebe schildern:
Mir ist ein ungleich schön’res Loos gegeben;
Ein herrlich Leben haben sie zu dichten,
Ich hab’ ein herrliches Gedicht zu leben.
Bildung.
»Sein Herz ist gut, wen auch sein Kopf beschränkt ist.«
Kein Satz macht mehr als dieser mich ergrimmen:
Nur Zufall oder Schwäche den bestimmen,
Des Fühlen nicht vom eig’nen Geist gelenkt ist,
Und der mit allen Kenntnissen getränkt ist,
Wird nie zur Höh’ der ächten Weisheit klimmen,
Wol aber oftmals mit der Dummheit schwimmen,
Solang er in der Selbstsucht Nacht versenkt ist.
Das ist dein Fluch, einseitiges Jahrhundert,
Das deiner Halbheit grundverfehltes Streben
Jedwede große Halbheit laut bewundert!
Untrennbar von der Weisheit ist die Güte:
Wo Kopf und Herz zum Einklang sich erheben,
Dort reift allein zur Frucht der Bildung Blüte.
Landmann.
Weil ich der Großstadt lärmendes Getriebe
Vertauscht mit diesen grünen Bergesmauern,
Will ich in niederm Tagewerk nicht verbauern,
Denn dadurch würd’ ich an mir selbst zum Diebe.
Sagt, wo der Ueberblick des Ganzen bliebe,
Wollt’ ich zum Jäten selber niederkauern?
Soll, was ich schaffe, spät mich überdauern,
Muß fassen ich den Zweck mit höh’rer Liebe.
Beseelt von einem gottentsprühten Funken,
Hab’ ich die blühende Natur umschlungen,
Und fühle mich wie niemals hofnungstrunken,
Und heißen soll’s, ist einst das Werk gelungen:
Nicht ist zum Landmann er herabgesunken,
Zum Landmann hat er sich emporgeschwungen.
Ein goldene Wort.
Verworr’nes nur kann knechtend dich umstricken,
Was denkend du begreifst, das is dein eigen,
Zur Geistesklarheit such’ empor zu steigen,
Nur sie kann dauernd das Gemüth erquicken.
Die Blüten meiden, weil, sie rauch zu knicken,
Der Sturm wird kommen, ist, der Muth des Feigen,
Was sich als unvermeidlich mag erzeigen,
Dem hast du doppelt hell in’s Aug’ zu blicken.
Den ew’gen Rathschluß sollst du mannhaft ehren,
In Freud’ und Mißgeschick vor allen Dingen;
Vertrau’n in Gott wird stets dich dulden lehren.
Zum Murren darf kein Opfer je dich zwingen;
Was nicht sein kann, das kann Er nie begehren,
Und was sein muß, mußt können du vollbringen.
Freier Humor.
Dich unter allen herrlichen Geschenken,
Die Gottes Lieb’ der Menschenbrust gegeben,
Dich nenn’ ich als das wirklich geist’ge Leben,
Dich als das Höchste, das ich kann erdenken.
Nichts hast gemein du mit den herben Schwänken,
Die, je gewaltsamer sie witzelnd streben,
Uns über’s Alltagsweh’ hinweg zu heben,
Je tiefer in den ird’schen Schlamm uns senken.
Du bist der vollen Bildung letzte Weihe,
Die Heiterkeit, von Nebeln nie durchzogen,
D’rin sich ergeht der Geist, der wahrhaft freie,
Dem ächten Schwimmer gleich, den oft wir sehen,
Nachlässig ruhend auf bewegten Wogen; —
Die Flut ist sein, er kann nicht untergehen.
Von diesen Liedern.
Weil meine Felder mich dem Pflug verdingen,
Meint nicht, ich werde nur mehr Feldgeräthe,
Und Körnerfrüchte, frühe oder späte,
Zuchtbullen nur und Ackergäule singen.
Wann auf des Tagwerks rüstiges Vollbringen
Der Abend folgt, der Mühen sanfter Lethe,
Dann soll gleich einem frommen Dankgebete,
Mein Lied sich zum gestirnten Himmel schwingen.
Nur was ich in den hellen Tagen dachte,
Was bei der Elemente dunklen Toben
Mir ungebroch’nen Muth und Tröstung brachte,
Und, da des Menschen Wert ich sah zerstoben,
Als unvergänglich mir entgegen lachte,
Durchwehe meinen Sang, den Herrn zu loben.
Inhalt und Form.
Trat ich mit einem fertigen Gedanken
An’s Schreibpult, die rechte Form zu finden,
Da fand ich Fesseln nur, die lähmend binden,
Und an den Reimen nicht, als starre Schranken.
Die Bilder unter’m Druck der Wärter sanken,
Und welkend sah ich ihre Farben schwinden,
Des Herzens liebglühendes Empfinden
Will Fleisch und Bein, nicht äußeres Umranken.
Doch folgt’ ich einem unbestimmten Drange,
War, was ich fang, mir selber unbewußt,
Erwachend erst im schwellenden Gesange.
Dan war die Stunde sicher unverloren,
Lebendig sprang das Lied aus meiner Brust,
Die Seele mit dem Leib‘ zugleich geboren.
An die Natur.
Seit ich in deinen Blick, den ewig klaren,
Den Bild versenkt, und mich zu dir erhoben
Zerrann die Nacht, die vordem mich umwoben,
Und feh’ ich Gott sich allweg offenbaren.
Nie hab’ ich der Enttäuschung Schmerz erfahren,
Galt’s eine deiner Satzungen erproben,
D’rum mußste Treue dir mein Herz geloben,
Und wird sie dir bis in den Tod bewahren.
Die gegen dich des Zornes Geißel schwingen,
Und die als schrankenlose Kraft sich ehren,
Sind gleich entfernt, dein Wesen zu durchdringen:
Nur, um befreit zu dir zurückzukehren,
Hat sich der Geist aus dir emporzuringen,
Denn bilden ist nur, dich, Natur, verklären.
Wunderrosen.
Gefühle gibt’s, die nur von selbst erwachen,
Und zauberhaft, eh’ wir uns des versehen,
Mit einem Mal in vollster Blüte stehen,
Und Duft und Schönheit uns entgegenlachen,
Gefühle, die uns überselig machen,
Die, mögen noch so rauhe Stürme wehen
Und allvernichtend hausen, nie vergehen,
Nur ewig neu zu neuer Glut uns fachen.
Erschießt sich solch eine Wunderrose,
Trink ihren Duft, und wolle nie sie fragen,
Wie sie sich nennt, die zarte, makellose.
Wenn du sie fragt, sie wird den Namen sagen,
Doch flieh’n, in Trauerwandelnd ihr Gekose,
Und du wirst stets um die Verlor’ne klagen.
Draunire.
Mit deiner lichten Glieder üpp’gem Fluten
Wie hältst du mich, o zaub’richt Weib, gefangen,
Und, ewig nur verdoppelnd mein Verlangen,
Stillst du verräth’risch meiner Sehnsucht Gluten.
Mein Herz ergreift’s wie seliges Verbluten,
Wann ich dich fühl? an meinem Herzen hangen,
Wann leicht du streifst mir über Stirn‘ und Wangen
Mit deinen Lippen, die noch niemals ruhten.
Doch will ich dich an meinen Busen drücken,
Da weißt du stets mein kühnstes Armumfassen
Durch plötzliches Entwinden zu berücken:
Du siehst mir’s an, daß ich nicht kann dich hassen
Und lispelst nur von dauerndem Beglücken,
Und nahest mir, nur um mich zu verlassen.
Naturdrang.
Entbreite, mächt’ger Berg, die grünen Arme,
Und laß an deine duft’ge Brust mich sinken,
Bei deiner Tannen stolzen Bannerwinken
Begeistrung athmen, kühne, lebenswarme;
Laß, ferne von der Menschen läst’gen Schwarme,
Fern, seiner Freuden lügnerischem Blinken,
Und ew’ger Jugend mich Verjüngung trinken,
Erlösung von dem aufgedrungnen Harme.
Laß mich bei deiner Eichen hei’gen Rauschen,
Wann Sonnenaufgangs kühle Zauber wehen,
Mit neugebornem Licht Gedanken tauschen
Von Augenblicken, welche nie vergehen,
Mit der Natur ein Wesen mich empfinden,
Und sorglos wie das Reh im Wald verschwinden.
Mein Banner.
Was, in des Herzens tiefstem Schacht geboren,
Im Licht des Denkens sich als ächt erkannt,
Was sich als Ueberzeugung mir genannt,
Das ist das Banner, das ich mir erkoren.
Mein Gut und Blut hab‘ ich ihm zugeschworen,
Was dran mich fesselt, ist kein äuß’res Band,
Mich selber halt‘ ich mit ihm in der Hand,
Wenn ich’s verlier‘, hab‘ ich mich selbst verloren.
Ob noch so hoch des Kampfes Wogen gehen,
Solang mir Leben in den Adern rinnt,
Wird unverzagt mein stolzes Banner wehen:
Und wehen soll’s noch über meinem Grabe,
Denn gilt’s, dann hab ich weder Weib noch Kind,
Gerade weil ich Weib und Kinder habe.
Zweite Abtheilung.
Droht inn’rer Feind dem Vaterland,
Versöhnlich reich‘ ihm dar die Hand;
Droht äuß’rer Feind dem Vaterland,
Vor allem hab‘ ein Schwert zur Hand.
An die Muse.
Nur dem Erwählten du dein Vertrauen,
Und siehst erstaunt, daß ich nun ohne Scheue,
Ich, der ich deiner Gunst mich nicht erfreue,
Dir wieder nahe, sprödeste der Frauen.
Nur dießmal wolle gütig auf mich schauen,
Der ich dir einst gedient mit aller Treue,
Und die verlornen Jahre nicht bereue, —
Nur dießmal glätte deine stolzen Brauen.
Nicht geht nach Ruhm und Ehren mein Verlangen,
Nicht will eitlem Beifall ich mich laben,
Mein Name sei mit meinem Staub vergangen;
Der Rede Kraft nur einmal laß mich haben,
Des Keltentempels Säulen zu umfangen,
Und unter seinem Schutt mich zu begraben.
Der Onkel.
»Ich sah, gewürgt von einem höllentsandten
Despotenschwarm, mein Vaterland verschmachten,
Und an den Priestern lernt‘ ich bald verachten
Den Götzen, den sie schamlos Freiheit nannten.
Nach ew’gen Lorbeern mit die Schläfe brannten,
Und, voll das Herz von Aleranderschlachten,
Faßt‘ einen Plan ich, und den kaum gedachten
Vollführt‘ ich, eh‘ die Henker sich ermannten.
Das eitle Frankreich, dacht‘ ich, lockt der Degen,
Und kann es seinem Freiheitsdrang entsagen,
Will eine Welt ich ihm zu Füßen legen.
Kein Meer von Blut erfüllte mich mit Zagen,
Und stand zuletzt das Schicksal mir entgegen,
So war’s, weil Thron ich wollt‘ erjagen.«
Der Neffe.
»Nicht Frankreich zu befrei’n vom schweren Leide,
Des Oheims Krone kam ich nun zu tragen;
Doch gleich ihm rund heraus mein Ziel zu sagen,
Wie seine Fehler all‘, ich klug vermeide,
Gar leicht gelingt in list’gem Maskenkleide,
Was mit Gefahr in offner Schlacht wir wagen,
Das meine Feinde stets sich selber schlagen,
Ist mir ein Spiel bei deren Haß und Neide.
Held bin ich nur zum Schein; denn meine Stärke
Liegt in der Gegner Kleinlichkeit und Schwäche,
Die mir gesetzt ich hab‘ cum Augenmerke;
Daß ich den Hals an Göttlichem nicht breche,
Begnüg‘ ich mich an teuflisch schlauem Werke,
Von dem ich mehr des Glückes mir verspreche.«
Ein Haus.
Der Erste träumt von seinem Völkerstamme,
Der Zweite glüht für altersgraue Zeiten,
Der Dritte kann nur auf Doctrinen reiten,
Der Vierte sehnt sich nach der Kindheit Amme.
So lodert schon der Kampf in heller Flamme,
Du jeder will den vollen Sieg erstreiten,
Und sie sich nur in Einem nie entzweiten
Daß jeder all‘ die Anderen verdamme.
Sie wollen uns ein stattlich Haus erbauen;
Doch ganz und gar aus ungehau’nem Steine,
Nein, blos aus Eisen, nein, aus Kalk alleine, —
Bewahr‘, aus bloßem Holz sollt ihr’s erschauen!
Ein Kind sie hört, und denkt mit scheuem Beben:
Wozu hat Gott von allem euch gegeben?
Solidarität.
Damit das Elend künftig uns verschone,
Das über uns dein Name schon ergossen,
Ward von der Fürsten feierlichst beschlossen,
Daß Keiner von euch steige mehr zum Throne.
Doch da du frech gegriffen nach der Krone,
Da haben sie, wie sehr sie’s auch verdrossen,
Jedennoch anerkannt dich als Genossen,
Des Bienenfleißes Tod, die falsche Drohne!
Schwer muß die Schuld auf ihren Herzen liegen,
Der Eifersucht und Zwietracht nur beflissen;
Doch ist’s kein Grund, uns selbst in Ruh‘ zu wiegen,
Denn hätte schmählich nicht das Volksgewissen
Zum Siege der Verworfenheit geschwiegen,
Wir hätten sie zur Eintracht fortgerissen.
Prätorianer.
Von einem Krebs, o Fürsten, laßt euch sagen,
Der an dem besten Markt der Völker zehrt:
Stellt Einer tüchtig seinen Mann, dann ehrt
Und lohnt ihn nach Verdienst und ohne Zagen;
Doch hütet euch wie vor Egyptens Plagen,
Zu überschätzen seiner Thatkraft Werth,
Sei groß er oder klein, mag er das Schwert
Des Kriegs, mag er des Friedens Toga tragen.
Wird mehr, als billig ist, ihm zugestanden,
Gleich hält er sich für einzig, unentbehrlich,
Und meint, es sei der Staat für ihn vorhanden.
So ist der Mensch; und fällt in jenen Wahn er,
Dann ist er wie kein and’rer staatsgefährlich;
Der Nam‘ ist alt, und lautet: Prätorianer.
Die Verträge.
Der Erbfeind hatte seinen Herren gefunden,
Und sorgen galt’s durch dauernde Verträge,
Daß nie sich wiederholen jene Schläge,
Und daß die treuen Völker rasch gefunden.
Doch, die für’s Allgemeine sich verbunden,
Betraten bald der Selbstsucht Seitenwege,
Die Bahn, die grad‘ das Schwert sich schlug, ward schräge,
Durch Federkünste mehr und mehr gewunden.
Und was wir alle sollten heilig achten,
Wir lernten bald es hassen und verhöhnen,
Bedenkend nicht, wie sehr die Feinde lachten.
Nicht will ich damit uns’re Schuld beschönen,
Nur mahnen, bei den Völkerschlachten
Den Sieg des Rechts mit ächtem Recht zu krönen.
An die Kleindeutschen.
Wollt ihr’s nicht glauben, daß der Weg sich finde,
Oest’reich und Deutschland dauernd zu vereinen,
Dann nennet ihr mit Recht euch als die Kleinen,
Ihr in der Liebe Reich unheilbar Blinde.
Das Bad verschüttet ihr mitsammt dem Kinde,
Da rasche Thaten euch die besten scheinen;
Zu stoßen uns in’s Meer, mag euch nicht peinen,
Nun das Gewitter naht im Sturmeswinde.
Weh‘ euch! Wir steuern auf erprobtem Schiffe,
Und werden, wen auch schwer, das Land erreichen,
Dieweil ihr strandet an dem fränk’schen Riffe.
Nie werden in der Noth wir von euch weichen,
Doch eure Schuld ist’s, wenn im Rettungsgriffe
Wir Trümmer bergen nur und starre Leichen.
Vichy.
Es klopft ein Mann an deines Heilquells Thoren,
Und bittet dich, zu fristen ihm das Leben;
Eind Sclavenhändler ist’s, ein Dieb daneben,
Ein Räuber, wie noch keiner ward geboren.
Zu Strömen ging schon durch ihn Blut verloren,
Und aller Freiheit hat er Gift gegeben,
Seit ihm’s gelang, zum Thron sich zu erheben,
Gewaltig wie nur Rom’s Imperatoren.
Die du dem scheußlichsten Gezücht der Schlangen
Das Leben gönnst, Natur, erhör‘ sein Flehen,
Daß wir ihn nicht vom höchsten Glanz umfangen,
Um Gipfel seiner Macht bestatten sehen;
Es wär‘ die Schmach, wie seht wir uns vergangen,
Doch allzu groß für unsere Vergehen.
Austria.
»Solang ich euch geführt am Gängelbande,
Habt ihr mit Felsentreu‘ an mir gehangen,
Und nun die gold’ne Freiheit ihr empfangen,
Zerfallen sollte jener Fels zu Sande?
Mag sein, daß oft in blinden Unverstande
Zu hart euch meine Strenge hab‘ umfangen;
Doch nie hab‘ ich an euch mich so vergangen,
Daß ihr zerreißen dürftet heil’ge Bande.
Von eklem Bruderzwist das Aug‘ umnachtet,
Nicht seht ihr, wie mit unverhohl’nem Grimme
Der Erbfeind mir nach Ehr‘ und Leben trachtet.
Nach Ruhm gegehrt ihr; doch ihr strebt in’s Leere,
Wenn euch Natur nicht sagt, dies Gottesstimme,
Der Mutter Ehr‘ sei auch der Kinder Ehre.«
An Franz Deák.
Was deine Gegner auf gerader Bahn,
Erkämpfen wollten: Oesterreich zu spalten, —
Das strebst, gehüllt in schöne Redefalten,
Du auf dem krummen Pfad der Klugheit an.
Vor ird’schen Richtern mag des Truges Wahn
Sich eine Zeit lang aber Wasser halten;
Doch wo der Weltgeschichte Wogen walten,
Ist bloße Klugheit nur ein lecker Kahn.
Du rühmest dich als muthig und als frei;
Soll ich dir sagen, irrgeführter Weiser,
Worin du dich, der so den Schein du meidest,
Von der Beschlußpartei dich unterscheidest?
Nun, hinter ihr steht der Franzosenkaiser,
Und hinter dir steht die Beschlußpartei.
Unsere großen Parteien.
Es seh’n nur im Historischen die Einen
Die ganze Lösung uns’rer Lebensfragen;
Drum streben sie zurück nach alten Tagen,
Dieweil den Geist der Neuzeit sie verneinen.
Doch soll der Letz’re, wie die Andern meinen,
Allein die langersehnten Früchte tragen;
Sie wollen, was Geschichte gab, zerschlagen,
Als hohle Form, unwürdig fortzuscheinen.
So wird getrennt die Seele von dem Leibe;
Was Wunder, daß den Einen eine Leiche,
Den Andern ein Gespenst nur übrig bleibe!
Gefühl so wie Verstand nur Halbes gründen,
Und die Vernunft, die sie versöhnt als gleiche,
Nur sie kann ächte Lebensglut entzünden.
Er soll noch tanzen.
Er soll noch tanzen, sagt die frohe Märe
Doch, läßt auch nicht den Schritt der Wilde schwanken
Das tiefe Siechthum lagernd auf dem Kranken,
Verkündet, daß der Tod schon an ihm zehre.
Drum auf, ihr Herrscher, sammelt eure Heere,
Der Gotteslangmuth würdevoll zu danken,
Die euch noch gönnt, in ritterlichen Schranken
Zu waschen die befleckte Fürstenehre!
Verheißen habt ihr Freiheit euern Landen,
Doch lähmt euch selbst des Weltbeherrschers Krone,
Und macht das heil’ge Manneswort zu Schanden;
Zum blut’gen Reigen leget ein die Lanzen
Und wirbelt ihn von dem gestohl’nen Throne, —
Der alte Störenfried, er soll noch tanzen.
Gemeinsinn.
Es brummt vom hohen Thurm aus dunklem Munde,
Und helle Flammen in den Himmel steigen;
Jetzt ist es Zeit als Männer euch zu zeigen,
Als Ein Mann dazusteh’n in kräft’gem Bunde.
Statt dessen sieht man bei der düstern Kunde
Die Schaar, die Neugier lockte, sich verzweigen,
Ein Jeder denkt zu retten nur sein Eigen,
Und elend geht das Dorf im Brand zu Grunde.
Gemeinsinn, Urquell alles freien Lebens,
Durch dich nur kann das Vaterland gedeihen,
Und allerorten such‘ ich dich vergebens;
Erleuchtest du nicht unser Kämpfer Reihen,
Nur Opfer find wir ihres Sonderstrebens,
Und tiefste Knechtung nur ist ihr Befreien!
Neues Moskau.
Was kümmert’s mich, daß du sammt deinen Sbirren
Verächtlich lachst zu meines Worts Verhallen,
Daß alle Pfeile machtlos von dir prallen,
Die meinen Bogen giftgetränkt entschwirren?
Nie soll’s in meinem Freimuth mich beirren;
Denn meine Pfeile gelten Jenen allen,
Die stumm in Hofkleid vor dir niederfallen,
Anstatt von Rächerwaffen laut zu klirren.
Europa schläft entnervt, seit du’s umfangen,
Doch will so lang ich seine Feigheit hämmern,
Bis sich’s erhebt, nach Sühne zu verlangen;
Dann sollen Männer werden aus den Lämmern
Und soll die Scham auf Millionen Wangen,
Ein neues Moskau, dir entgegen dämmern.
Der Sechzehnender.
I.
Frage
Was soll die Märe von dem Sechzehnender,
Den zu Commpiègne, daß Blutdurst dran erwarme,
Von einem wuthentbrannten Rüdenschwarme
Zerreißen ließ ein neuer Todtenschänder?
War’s nur ein Bild, womit der Übersender
Der Welt erzählt, wie einst, daß Gott erbarme,
Der Deutsche zugeseh’n, Gewehr im Arme,
Als ihm den Bruder schlug der Weltverblender?
Wolt‘ er damit die Zukunft Deutschlands malen,
Um übermüthig hinterdrein zu prahlen,
Daß händeküssend zog der Gast von dannen?
So sucht, doch allzuweit, di bange Frage
Den Sinn der Nacht, erhellt zum vollen Tage
Vom Fackelglanz im Schloßhof des Tyrannen.
II.
Antwort.
Vom Fackelglanz im Schloßhof der Tyrannen
Zum Mittag ist die dunkle Nacht erhellt;
Ein Sechzehnender, Tage zuvor gefällt,
Gebettet liegt auf kühlem Grün der Tannen;
Und hundert Rüden, wüthig, kaum zu bannen,
Obgleich dem Seil die Peitsche sich gesellt,
Mann hetzt sie drauf, daß rings ihr Heuten gellt, —
Ein Schauspiel, würdig roher Fleischerschrannen.
Und endlich preisgegeben wird die Beute,
Und ist im Nu der Hirsch zerfleischt, zernagt,
Die Hetzlust schärfend der ergrimmten Meute.
Sonst wird das Eingeweid‘ ihr nur zur Speise;
Doch hier wird stets ‚was Übriges gewagt:
Es ist dieß des Emporgekomm’nen Weise.
An Deutschland.
In deinem eig’nem Wesen liegt’s begründet,
Daß du zur E i n h e i t niemals dich gestaltet;
Feind der Verschmelzung, die beim Franzmann schaltet,
Hat sich der Stamm dem Stamme nur verbündet.
Doch was den höchsten Segen dir verkündet,
Hat Uebermaß zum Fluche dir entfaltet,
Und statt der E i n i g k e i t, die liebend waltet,
Die Zwietracht herrscht und hassend dich durchschlündet.
O, seh’n denn deine Fürsten, die dich theilen,
Berufen zu vereinen dich im Bunde,
Seh’n sie denn nicht, wie deine Stunden eilen,
Wie stündlich tiefer wird die deutsche Wunde,
Und wie daran, wen sie’s nich find, die heilen,
Die Fürstenwürde selber geht zu Grunde?
Rheinsage.
»Dir bangt vor einem selbstegechaffnem Schemen,
Darob die Kinder bei uns lachen müßten.
Nicht mehr von Rhein. Mich follt‘ nach ihm gelüsten,
Um meinen Mantel flüchtig zu verbrämen.
Erst mußt du Rußland mir zu Tode lähmen,
Un Oesterreich zertrümmern und verwüsten,
Die beide sich mit deiner Neigung brüsten; —
Ich liebe dich, und will zum Weib dich nehmen.
Germania, traumhaftigste der Seelen,
Bis du mir angehört, mir ganz alleine,
Bin ich verdammt, mich g r e n z e n l o s zu quälen;
Doch wann das Ziel ich fasse, das ich meine,
Dann, füße Hülfte, will ich dir erzählen –
In stiller Nacht, — die S a g‘ vom deutschen Rheine.«
An Italien.
(Aus dem Italienischen des Filicaja.)
Italien, o du, daran verschwendet
Das Schicksal hat sein höchstes Maß an Schöne,
Urquell des tiefsten Elends deiner Söhne,
Das aus dir spricht, und deine Qual volendet;
O, wären mind’re Reize dir gespendet,
Und voller deine Kraft, daß sich entwöhne
Der Lieb‘ zu dir, und deine Macht nich höhne,
Der dein begehrt, und doch den Tod dir sendet.
Nicht säh‘ ich von den Alpen wogend sinken
Den Kriegerstrom, nich Gallierrosse trinken
Im Po dein Blut mit lüfternem Behangen,
Nicht dich, des Fremdlings Schwert an deiner Linken,
Mit fremden Arme deine Schlachten schlagen,
Um siegreich, wie besiegt, das Joch zu tragen.
Eine Übersetzung gehört, strenggenommen, nicht hierher; allein wir konnten der Versuchung nicht wiederstehen, sie dem Druck zu übergeben weil es diesem Augenblicke von zu hohem Interesse ist, zu sehen, wie einer der berühmtesten Italiener vor zwei Jahrhunderten über sein Vaterland geurtheilt hat.
Finanzoperation.
»Links die herausbeschwornen rothen Geister,
Recht eine halbe Million Soldaten,
Wie köstlich, ohne Gold und Assignaten,
Geberdet sich mein armer Säckelmeister!
Verzweifelt auf die leeren Kassen wist er;
Doch grämt’s zumeist ihn, daß den fremden Staaten
Der Riß sich endlich müsse ganz verrathen,
Da nicht mehr hilft der finanzielle Kleister.
Kurzsicht’ger Thor, laß uns die Roth gestehen;
Wenn dabei wir das Lied vom Frieden fingen,
Da müssen All‘ plötzlich meinen Degen schwingen,
Dann wird‘ ich plötzlich meinen Degen schwingen,
Und dießmal für die schönste der Ideen,
Nach Onkels Art, um Schätze heimzubringen.«
An Rückert.
Nicht deine Schätze reizender Ghaselen,
Die von des Orients schönsten Perlen glüh’n,
Nicht deine Lieder, drin zu Frühlingsblüth’n
Sich Duft und Licht so wunderbar vermählen, —
Deine Sonette, jene Heldenseelen,
Die blank in Stahl, von kühhnen Thaten sprün’n,
Den Helm geziert mit ew’ge Siegesgrün,
Sie find’s, die wachend mich und schlafend quälen.
Dein Wort schlug drein wie zündendes Gewitter,
Mich dir vergleichen konn’t ich nur im Wahne,
Denn mein Schwert is von deinem nur ein Splitter;
Wenn ich nun zu dir einen Weg mir bhne,
Nicht geiz‘ ich nach den Ohren deiner Ritter,
Als letzter Knappe folg‘ ich deiner Fahne.
Aufruf.
Solang die Lüge stolzem Throne
Die Wahrheit ungestraft in’o schlagen,
Und hoch die Stirn bei jeder Schanbthat tragen,
Dem letzten Hauch von Sittlichkeit zum Hohne.
Solang nur kriegsbereite Bataillone
Uns von den Segnungen des Friedens sagen,
Kann Wahnwitz nur nach Recht und Freiheit fragen,
Und wird dem Fleiß das Elend nur zum Lahne.
Aus Pflug und Senden Laßt uns Schwerter schmieden,
Den Streitern schlachten unsre letzten Kinder,
Kein Preis ist hoch für einen ächten Frieden;
Im faulen Sumpf, den uns der Ueberwinder,
Lambessa’s milder Pfleger hat beschieden,
Verfaulen wir, verfaulen unsre Kinder.
Der Löwe am Mincio.
I.
Am Minciostrand ein alter Löwe ruht,
Kein Spottlieb kümmert ihn aus wälschem Horne,
Nur manchmal blitzt sein Aug‘ in hellem Zorne,
Mann roth die Wogen färbt des Abends Glut.
Im Schlachtgetümmel quillt der Heldenmuth
So unerschöpflich ihm aus reichstem Borne,
Daß seine Schlachten all‘, selbst halbverlor’ne,
Der Feind ihm neidet in gerechter Wuth.
Drum hat der Franke gern sein Ziel vegessen,
Und was dem Wäl’schen heilig er versprochen,
Um nicht noch einmal sich mit ihm zu messen.
Warum der Löwe noch nicht sich gerochen?
Deutschland, du weißt’s, durch welche Schuld und wessen;
Gottlob, des Löwen Kraft ist ungebrochen!
II.
Gottlob, des Löwen Kraft ist ungebrochen,
Drum hat’s die Haut des Starken kaum durchdrungen,
Daß Renegaten jüngst und Gassenjungen
Dort an der Spree vor seinem Feind gekrochen.
Der muß erst überlaut am Rheinthor pochen;
Erst wann er auch in jenen Niederungen
Die blut’ge Geißel mörderisch geschwungen,
Dann, ach, erst dan wird Deutschland’s Star gestochen.
Noch sieht’s nicht, daß am Mincio hang sein Leben:
Dringt der Lateiner bis zur Adriaflut,
Dann muß er auch die Brennerhöh‘ erstreben;
Und daß ihm nie verfalle deutsches Blut,
Und Zeugniß von wahrhaft’ger Kraft zu geben,
Um Miniciostrand der alte Löwe ruht.
Nationalverein.
Wie sollten wir vertrauen deinem Munde,
Solang der Corse nickt zu deinem Plane?
O, trügest du, statt Einheit auf der Fahne,
Die Eintracht lieber tief im Herzensgrunde!
Du träumst, und hört nicht, wie zu raschem Bunde
Di Zeit nun Oesterreich und Deutschland mahne,
Und schlägst, nachjagend einem schönen Wahne,
Germanien nur eine neue Wunde.
Nie werden Heil wir uns von dem versprechen,
Der uns könnt‘ ofpern hohlen Theorien,
Dem Wahlspruch huld’gend: Biegen oder brechen.
Im Centrum zwar erhebt sich deine Schanze,
Doch, statt vermittelnd All’s uns anzuziehen,
Ein Keil treibt auseinander sie das Ganze.
Drum auf!
So lange weltbeherrschend an der Saine
Ein Bonaparte darf das Scepter führen,
Und ungestraft an jedem Aufstand schüren,
Drau sich ergetzt die Kampflust seiner Hähne,
Und wir in Waffen all‘ bis an die Zähne,
Nur lauschen, ob er läßt die Trommel rühren, —
Sind Träume nur, die us zum Spielball küren,
Der Wohlfahrt und der Freiheit stolze Pläne.
Das grüne Reis der Tapfern auf dem Hute,
Im Winkel, wohin seine Blick‘ uns bannen,
Aufwartend wie der Pudel vor der Ruthe,
Nur Helferschelfer sin wir des Tyrannen,
Des Will‘ ist, daß Europa still verblute;
Drum auf! daß wir spät uns nicht ermannen.
An Oesterreich.
Als Eckstein, daran Alles muß zerschellen,
Was der Empörung Bahnen mag betreten,
Kannst du den Völkerwanderungspropheten
Das Leben, o mein Oest’reich, nur vergällen.
Drum, wan im Sturme rings die Wogen schwellen,
Laß sie getrost mit deinem Feinden beten;
Im Freiheitsglanz, wie brünstig auch sie flehten,
Wird sich zuletzt dein Horizont erhellen.
Drei große Nationen zu versöhnen,
Die ohne dich nur könnten Schlachten schlagen,
Bist du bestimmt, und wirst dein Wert bekrönen;
Und auch das Volk der reisigen Magyaren,
Verwaist aus fernem Osten hergetragen,
Wird treu sich um dein Friedensbanner schaaren.
Die Quecke.
Daß ich am Fürstenthum in Treuen hauge,
Verkünd‘ ich laut in Worten und in Thaten;
Das Fühlen kann des Ausdrucks nicht entrathen,
Mann es etspringt aus ächtem Herzensdrange.
Und keine bitt’re Wahrheit macht mir bange,
Wann’s gilt, zu reinigen die gold’nen Saaten
Vom Unkraut des gekrönten Demokraten,
Der sie bedroht mit grausem Unterrgange.
Sollt‘ offen ich der Rettung Weg erblicken,
Und mit des Schmeichlers Feigheit inne halten,
Um keines Halmes Eitelkeit zu knicken?
Die giere Quecke darf nicht länger schalten;
Fort mit dem Netz, drin Alles muß ersticken,
Und doppelt schön wird sich die Frucht entfalten.
Caeterum vero censeo …
Laßt All‘ uns an dem Haus der Freiheit bauen,
Das Allen Heimlich werde drin zu Muthe,
Das Aller Treu‘ zum Kaiserthrone flute,
Als Freiheit kehrend nach den fernsten Gauen.
Kein Hemmniß trotzt dem ächten Selbstvertrauen,
Mann Liebe sucht, sie findet nur das Gute,
Laßt All‘ uns einsteh’n mit dem festen Blute,
Und staunend wird die Welt auf Oest’reich schauen …
Jedoch was hilft’s? Wir bau’n auf schnödem Sande
Und ringsum droht’s von unheilvollen Wettern
Wer zweifelt, blicke nach dem Schweizerlande.
Ein jeder Tag kann unser Werk zerschmettern,
Solang in Frankreich, des Jahrhundert’s Schande,
Der Corfe herrscht mit seinem gieren Vettern.
Sonette
von
B. Carneri.
Wien.
Tendler und Comp.
(Carl Fromme.)
1862.
Pflug und Schwert.
Es blüht daß wahrhaft Schöne nur
In Jugend unvergänglich,
Drum glücklich, der für seine Spur
Den Blick sich wahrt empfänglich.
Zueignung.
Es sollten nur harmonische Gefühle
Tiefinnern Friedens meiner Laut’ entklingen,
Sie sollte von der Heiterkeit nur singen,
Wie sie dem Fleiß gewährt des Abends Kühle.
Doch mich ergriff alsbald die Wetterschwüle
Der dunklen Zeit mit ihrem Schmerzensringen,
Und fortgerissen von des Sturmes Schwingen,
In heil’gem Zorn ich durch die Saiten wühle.
Wem ich dieß Büchlein gern entgegen brächte?
Den Männern, die den frechen Weltzerrüttern
In’s Antliß schleudern das Gewand der Knechte;
Doch, ist ihr blinder Stumpfsinn nicht zu schüttern,
Und liegt das Heil im kommenden Geschlechte,
Dann, Manneswort, dann sei geweiht Müttern.
Wildhaus, den 10. December 1861.
Erste Abtheilung.
Laß Menschen schreiben immer zu,
Das schönste Buch, Natur, bist du;
Und schließt sich einst mein Auge zu,
Mein letztes Wort, Natur, sei du.
Landleben.
O, laß mich deine traute Stille preisen,
Du ländlich abgeschloss’nes Arbeitsleben:
Zu Ruhm und Reichthum wirst du nie mich heben,
Doch um so sicherer zum Glück des Weisen.
Mag folgen ich des Pfluges hel’gen Gleisen,
Die Frucht veredeln meiner gold’nen Reben,
Den Waldesriesen schlanke Brüder geben,
Das graue Rind mit duft’gen Gräsern speisen, —
Wo immer hin ich mag die Schritte wenden,
Was immer ich mag pflanzen oder hegen,
Mein Thun und Trachten ruht in Gottes Händen;
Und niemals bangt mir vor des Himmels Schlägen:
So lang zu kühne Wünsche mich nicht blenden,
Ist immerdar fein letztes Wort ein Segen.
Mein tägliches Gebet.
Du schenktest mir ein Weib nach meinen Sinne
Ein Kinderpaar, der Mutter nachgerathen,
Und Gut’s genug, daß, pfleg‘ ich meiner Saaten,
Ich reichlich mir mein täglich Brot gewinne.
Du gabst weit mehr: du ließest werden inne
Mich stets den Werth der Freunden, di mir nahten,
D’rum, wann ich will lobpreisen deine Thaten,
Nie weiß ich, womit ich zuerst beginne.
O Herr, nach einem höhern Glück zu streben,
Liegt fern mir wie kein and’re Unterfangen;
Erhalte mir, was nun verschönt mein Leben,
Und willst ein Opfer du von mir verlangen,
Leih mir die Kraft, dir willig rückzugeben,
Was ich aus deiner Vaterhand empfangen.
Humanitätler.
Ein Traumbild dieses Lebens festzuhalten,
Sucht jeden Unterschied ihr auszugleichen,
Und weil das Harte sich nicht fügt dem Weichen,
Erzeugt ihr knochenlose Scheingestalten.
Ihr merkt es nicht, wie dem tollen Schalten,
Das Allen will zu gleichen Theilen reichen,
Verdienst und Tugend gleich Verbrechern schleichen,
Und Lug und Laster straflos sich entfalten.
Wenn man euch sieht, die Kinder überbilden,
Und Männer zieh’n, die weiblich sich geberden,
Und Weiger, die zu Männern auf sich raffen, —
Sieht man, durch Unnatur zu falschen Affen
Die stolzen Ebenbilder Gottes werden,
Schier sehnt man sich nach Urwald und nach Bilden.
Schattenrisse.
I.
Göthe
Als Pathe stand das Gluck an deiner Wiege,
Hielt treulich aus beim Jüngling, Mann und Greife,
Und führte spielend dich auf sanftem Steife,
In jedem Zweig der Kunst, von Sieg zu Siege.
Bei deinen Werken allen ist’es, als liege
Kein Zoll breit zwischen dir und einem Preise,
Der höchsten Meister Weis‘ ist deine Weise,
Gleichwie des Aar’s daß er zur Sonne fliege.
D’rum wird von selber unter deinen Händen
Natur zur Kunst, und feh’n wir sich vollenden
Zur ächtesten Natur, was dir gefallen,
Als Kunstwerk in die Welt hinauszusenden,
Und glauben wir, wann deine Lieber schallen,
Es reden tief im Hain di Nachtigallen.
II.
Schiller.
Daß dir das Stück stiefmütterlich gegeben,
Was es verschwendet auf so vielen Bahnen,
Nie kümmerte sich d’rum das inn’re Mahnen
Das deiner Sendung dir gebot zu legen.
Du wolltest eine höh’re Welt erstreben,
Und kämpftest mit der Kühnheit der Titanen,
Und als verwirklicht war dein treues Ahnen,
Da hieß, zu früh! das Schicksal dich entschweben.
Doch kann dich jeder Glücklichste beneiden:
Denn, was in Schönheit deinem Weist entsprühte,
Es trägt den Stempel jenes ew’gen Strandes,
Und was du schufst inmitten deiner Leiden,
Es spricht vom tiefsten, deutschesten Gemüthe,
Und machte dich zum Liebling deines Landes.
III.
Platen.
Entfliehend schmerzlichen Erinnerungen,
Betrat’st du Wälschlands kunstgeweihte Schollen,
Und hast im ew’gen Lenz, dem zauberwollen,
Dir einen ew’gen Lorbeerzweig errungen.
Wer hat den spröden Stoff so ganz bezwungen?
Wem hat gleich dir, im Lieben und im Grollen,
Die Rede so krystallenklar gequollen?
Wenn hat Gedankenadel so durchdrungen?
Du hast mich angezogen stets vor Allen;
Ich schaute, durch entzückende Gefilde
Den deutschen Geist in Hellas‘ Schönheit wallen;
Doch wann mein Sehnen, das vielleicht zu wilde,
Un’s Herz dich schloß, da fühlt‘ ich ab mich prallen
Von einem wunderbaren Marmorbilde.
Steiermark.
Es hat in duftig grünendem Gewande
Sich Gottes Segen über dich ergossen,
Und blüht aus deinen wald’gen Bergkolossen,
Auf deinem weinbekränzten Hügellande.
Und der dich vom bewegten Silberbande
Reizender Ströme siecht so klar umflossen,
Der ruft: Dich hat die Lieb’ an’s Herz geschlossen,
Die Schönheit bietend dir zum Unterpfande.
Gleich deinen Triften, deinen Ackerschollen,
Ist auch dein Inn’res an edler Spende,
Von mächt’gen Andern reinsten Stahl’s durchquollen;
Und, daß der Liebe Werk sich ganz vollende,
Zwei Völker reichen sich, trotz Feindesgrollen,
Zum ew’gen Bruderbund in dir die Hände.
Das Glück.
Das spröde Glück läßt nimmer sich erjagen,
Und mag nur frei sich geben und entfalten,
Selbst willig kommend, ist es schwer zu halten,
Noch schwerer, stark und würdevoll zu tragen.
Entflieht es dir, sei mannhaft im Entsagen,
Soll’s jemals wieder schön dein Loos gestalten,
So darf vor allem nie dein Muth erkalten,
Denn nichts verpönt es mehr, als das Verzagen.
Weh’ dir, wenn einzig an die flücht’ge Blüte
Der Außenwelt gewiesen ist dein Leben,
Wenn nicht in einem reicheren Gemüthe,
Du den getreusten Freund dir hast gegeben:
Das Glück ist nie verschwend’rischer an Güte,
Als wann wir es am wenigsten erstreben.
Rauch und Rauch.
Die Krankheit fesselt, eine schwere Kette,
Mich lange schon, wie lang noch, Gott mag’s wissen;
Mein ganzes Leben wurde mir entrissen,
Nur grüßen darf ich’s aus dem Leidensbette.
Den Weg, der aus des Trübsinn’s Nacht mich rette,
Bin ich zu suchen einzig nun beflissen;
Gottlob, zwei freunden hab’ ich nicht zu missen:
Cigarrenrauch un klingende Sonette.
Nur Rauch und Rauch, — so hör ich spottend sagen.
Mag immerhin der Welt mein Wort nur gelten
Als Rauch, den jedes Lüstchen kann enttragen;
Wir gilt’s als ein Geschenk gar werth und selten,
Denn was bei Andern schmerzlich wird zu Klagen,
Entführet mich in leidenlose Welten.
Antiken.
I.
Prometheus.
»Ich wollte dieß entartete Geschlecht
Verjüngen an dem Glutstrahl meiner Liebe,
Und neu erwecken die gestorb’nen Triebe
Für Treu’ und Glauben, Edelmuth und Recht.
Ich woll’t, aus daß des Irrthums feiger Knecht
Nicht ewig in des Lasters Sumpf verbliebe,
Auf daß der Lüge Reich in Nichts zerstiebe,
Die Menschen neu erschaffen groß und ächt.
Jedoch ihr Gott, der Eigennutz, erkannte,
Das feinen Thron zu schüttern ich gewagt,
Und seine ganze Rachlust wild entbrannte.
Da ward an diesen Fels zu ew’gem Leide
Ich festgeschmiedet, und der Undank nagt,
Ein Geier, mir am tiefsten Eingeweide.«
II.
Memnon.
»Mag, einen wolkenlosen Tag zu bringen,
Des Morgens erster Lichtstrahl auf mich fallen,
Mag düster, sich zur Sturmesnacht zu ballen,
Das Abenddunkel nah’n auf Nebelschwingen;
Was immer mag in meine Seele dringen,
Nur Harmonien hört’ ihr aus mir hallen,
D’rum seh’ ich euch von ferne zu mir wallen,
Und, wann ich rede, staunend mich umringen.
Wol einem Zaub’rer wär’ ich gleich zu halten,
Vermöcht’ ich eures Lebens schrille Klage
Zum labenden Accorde zu gestalten:
Was in mich sinkt, macht klingend nur erbeben
die Harfe, die gestimmt ich in mir trage,
Den Seelenfrieden, dem geweiht mein Leben.«
An mein Thal.
O du mein Thal, wo stolz im Wellentanze
Dem Waldesdunkel sich entringt die Drau,
Wo Saatengold und Wiesengrün im Thau
So lebensfrisch erzählt vom Aufgangsglanze,
Gehütet von des Bachers Riesenschanze,
Die träumerisch sich dehnt in’s stille Blau, —
Wann ich in deiner Morgenpracht dich schau’,
Und denke, wie so schön das große Ganze,
Du kann ich Eins am wenigsten erfassen:
Wie Menschen mögen dieses Leben hassen,
Der ew’gen Liebe wundervolles Werde!
Nur sie, nur sie, die Lieb= und Gottverlassen
Den reichsten Segen wandeln in Beschwerde,
Die Hasser nur sind häßlich auf der Erde.
Meine Liebe.
Hab’ früher oftmals mich bestürmt mit Fragen,
Warum mein Lied so selten dir erklungen,
Warum, wann meine Sehnsucht dich gesungen,
Mir immer war, als sei zu toll das Wagen?
Geliebte, seit den Herz für mich geschlagen,
Dein Leben meinem Leben sich verschlungen,
Hat ein tiefinn’res Glück mich so durchdrungen,
Daß ich’s mit Worten nicht vermag zu sagen.
D’rum mögen nur in unerreichten Bildern,
Gepries’nen Klagen, reizenden Berichten
Die größsten Sänger ihre Liebe schildern:
Mir ist ein ungleich schön’res Loos gegeben;
Ein herrlich Leben haben sie zu dichten,
Ich hab’ ein herrliches Gedicht zu leben.
Bildung.
»Sein Herz ist gut, wen auch sein Kopf beschränkt ist.«
Kein Satz macht mehr als dieser mich ergrimmen:
Nur Zufall oder Schwäche den bestimmen,
Des Fühlen nicht vom eig’nen Geist gelenkt ist,
Und der mit allen Kenntnissen getränkt ist,
Wird nie zur Höh’ der ächten Weisheit klimmen,
Wol aber oftmals mit der Dummheit schwimmen,
Solang er in der Selbstsucht Nacht versenkt ist.
Das ist dein Fluch, einseitiges Jahrhundert,
Das deiner Halbheit grundverfehltes Streben
Jedwede große Halbheit laut bewundert!
Untrennbar von der Weisheit ist die Güte:
Wo Kopf und Herz zum Einklang sich erheben,
Dort reift allein zur Frucht der Bildung Blüte.
Landmann.
Weil ich der Großstadt lärmendes Getriebe
Vertauscht mit diesen grünen Bergesmauern,
Will ich in niederm Tagewerk nicht verbauern,
Denn dadurch würd’ ich an mir selbst zum Diebe.
Sagt, wo der Ueberblick des Ganzen bliebe,
Wollt’ ich zum Jäten selber niederkauern?
Soll, was ich schaffe, spät mich überdauern,
Muß fassen ich den Zweck mit höh’rer Liebe.
Beseelt von einem gottentsprühten Funken,
Hab’ ich die blühende Natur umschlungen,
Und fühle mich wie niemals hofnungstrunken,
Und heißen soll’s, ist einst das Werk gelungen:
Nicht ist zum Landmann er herabgesunken,
Zum Landmann hat er sich emporgeschwungen.
Ein goldene Wort.
Verworr’nes nur kann knechtend dich umstricken,
Was denkend du begreifst, das is dein eigen,
Zur Geistesklarheit such’ empor zu steigen,
Nur sie kann dauernd das Gemüth erquicken.
Die Blüten meiden, weil, sie rauch zu knicken,
Der Sturm wird kommen, ist, der Muth des Feigen,
Was sich als unvermeidlich mag erzeigen,
Dem hast du doppelt hell in’s Aug’ zu blicken.
Den ew’gen Rathschluß sollst du mannhaft ehren,
In Freud’ und Mißgeschick vor allen Dingen;
Vertrau’n in Gott wird stets dich dulden lehren.
Zum Murren darf kein Opfer je dich zwingen;
Was nicht sein kann, das kann Er nie begehren,
Und was sein muß, mußt können du vollbringen.
Freier Humor.
Dich unter allen herrlichen Geschenken,
Die Gottes Lieb’ der Menschenbrust gegeben,
Dich nenn’ ich als das wirklich geist’ge Leben,
Dich als das Höchste, das ich kann erdenken.
Nichts hast gemein du mit den herben Schwänken,
Die, je gewaltsamer sie witzelnd streben,
Uns über’s Alltagsweh’ hinweg zu heben,
Je tiefer in den ird’schen Schlamm uns senken.
Du bist der vollen Bildung letzte Weihe,
Die Heiterkeit, von Nebeln nie durchzogen,
D’rin sich ergeht der Geist, der wahrhaft freie,
Dem ächten Schwimmer gleich, den oft wir sehen,
Nachlässig ruhend auf bewegten Wogen; —
Die Flut ist sein, er kann nicht untergehen.
Von diesen Liedern.
Weil meine Felder mich dem Pflug verdingen,
Meint nicht, ich werde nur mehr Feldgeräthe,
Und Körnerfrüchte, frühe oder späte,
Zuchtbullen nur und Ackergäule singen.
Wann auf des Tagwerks rüstiges Vollbringen
Der Abend folgt, der Mühen sanfter Lethe,
Dann soll gleich einem frommen Dankgebete,
Mein Lied sich zum gestirnten Himmel schwingen.
Nur was ich in den hellen Tagen dachte,
Was bei der Elemente dunklen Toben
Mir ungebroch’nen Muth und Tröstung brachte,
Und, da des Menschen Wert ich sah zerstoben,
Als unvergänglich mir entgegen lachte,
Durchwehe meinen Sang, den Herrn zu loben.
Inhalt und Form.
Trat ich mit einem fertigen Gedanken
An’s Schreibpult, die rechte Form zu finden,
Da fand ich Fesseln nur, die lähmend binden,
Und an den Reimen nicht, als starre Schranken.
Die Bilder unter’m Druck der Wärter sanken,
Und welkend sah ich ihre Farben schwinden,
Des Herzens liebglühendes Empfinden
Will Fleisch und Bein, nicht äußeres Umranken.
Doch folgt’ ich einem unbestimmten Drange,
War, was ich fang, mir selber unbewußt,
Erwachend erst im schwellenden Gesange.
Dan war die Stunde sicher unverloren,
Lebendig sprang das Lied aus meiner Brust,
Die Seele mit dem Leib‘ zugleich geboren.
An die Natur.
Seit ich in deinen Blick, den ewig klaren,
Den Bild versenkt, und mich zu dir erhoben
Zerrann die Nacht, die vordem mich umwoben,
Und feh’ ich Gott sich allweg offenbaren.
Nie hab’ ich der Enttäuschung Schmerz erfahren,
Galt’s eine deiner Satzungen erproben,
D’rum mußste Treue dir mein Herz geloben,
Und wird sie dir bis in den Tod bewahren.
Die gegen dich des Zornes Geißel schwingen,
Und die als schrankenlose Kraft sich ehren,
Sind gleich entfernt, dein Wesen zu durchdringen:
Nur, um befreit zu dir zurückzukehren,
Hat sich der Geist aus dir emporzuringen,
Denn bilden ist nur, dich, Natur, verklären.
Wunderrosen.
Gefühle gibt’s, die nur von selbst erwachen,
Und zauberhaft, eh’ wir uns des versehen,
Mit einem Mal in vollster Blüte stehen,
Und Duft und Schönheit uns entgegenlachen,
Gefühle, die uns überselig machen,
Die, mögen noch so rauhe Stürme wehen
Und allvernichtend hausen, nie vergehen,
Nur ewig neu zu neuer Glut uns fachen.
Erschießt sich solch eine Wunderrose,
Trink ihren Duft, und wolle nie sie fragen,
Wie sie sich nennt, die zarte, makellose.
Wenn du sie fragt, sie wird den Namen sagen,
Doch flieh’n, in Trauerwandelnd ihr Gekose,
Und du wirst stets um die Verlor’ne klagen.
Draunire.
Mit deiner lichten Glieder üpp’gem Fluten
Wie hältst du mich, o zaub’richt Weib, gefangen,
Und, ewig nur verdoppelnd mein Verlangen,
Stillst du verräth’risch meiner Sehnsucht Gluten.
Mein Herz ergreift’s wie seliges Verbluten,
Wann ich dich fühl? an meinem Herzen hangen,
Wann leicht du streifst mir über Stirn‘ und Wangen
Mit deinen Lippen, die noch niemals ruhten.
Doch will ich dich an meinen Busen drücken,
Da weißt du stets mein kühnstes Armumfassen
Durch plötzliches Entwinden zu berücken:
Du siehst mir’s an, daß ich nicht kann dich hassen
Und lispelst nur von dauerndem Beglücken,
Und nahest mir, nur um mich zu verlassen.
Naturdrang.
Entbreite, mächt’ger Berg, die grünen Arme,
Und laß an deine duft’ge Brust mich sinken,
Bei deiner Tannen stolzen Bannerwinken
Begeistrung athmen, kühne, lebenswarme;
Laß, ferne von der Menschen läst’gen Schwarme,
Fern, seiner Freuden lügnerischem Blinken,
Und ew’ger Jugend mich Verjüngung trinken,
Erlösung von dem aufgedrungnen Harme.
Laß mich bei deiner Eichen hei’gen Rauschen,
Wann Sonnenaufgangs kühle Zauber wehen,
Mit neugebornem Licht Gedanken tauschen
Von Augenblicken, welche nie vergehen,
Mit der Natur ein Wesen mich empfinden,
Und sorglos wie das Reh im Wald verschwinden.
Mein Banner.
Was, in des Herzens tiefstem Schacht geboren,
Im Licht des Denkens sich als ächt erkannt,
Was sich als Ueberzeugung mir genannt,
Das ist das Banner, das ich mir erkoren.
Mein Gut und Blut hab‘ ich ihm zugeschworen,
Was dran mich fesselt, ist kein äuß’res Band,
Mich selber halt‘ ich mit ihm in der Hand,
Wenn ich’s verlier‘, hab‘ ich mich selbst verloren.
Ob noch so hoch des Kampfes Wogen gehen,
Solang mir Leben in den Adern rinnt,
Wird unverzagt mein stolzes Banner wehen:
Und wehen soll’s noch über meinem Grabe,
Denn gilt’s, dann hab ich weder Weib noch Kind,
Gerade weil ich Weib und Kinder habe.
Zweite Abtheilung.
Droht inn’rer Feind dem Vaterland,
Versöhnlich reich‘ ihm dar die Hand;
Droht äuß’rer Feind dem Vaterland,
Vor allem hab‘ ein Schwert zur Hand.
An die Muse.
Nur dem Erwählten du dein Vertrauen,
Und siehst erstaunt, daß ich nun ohne Scheue,
Ich, der ich deiner Gunst mich nicht erfreue,
Dir wieder nahe, sprödeste der Frauen.
Nur dießmal wolle gütig auf mich schauen,
Der ich dir einst gedient mit aller Treue,
Und die verlornen Jahre nicht bereue, —
Nur dießmal glätte deine stolzen Brauen.
Nicht geht nach Ruhm und Ehren mein Verlangen,
Nicht will eitlem Beifall ich mich laben,
Mein Name sei mit meinem Staub vergangen;
Der Rede Kraft nur einmal laß mich haben,
Des Keltentempels Säulen zu umfangen,
Und unter seinem Schutt mich zu begraben.
Der Onkel.
»Ich sah, gewürgt von einem höllentsandten
Despotenschwarm, mein Vaterland verschmachten,
Und an den Priestern lernt‘ ich bald verachten
Den Götzen, den sie schamlos Freiheit nannten.
Nach ew’gen Lorbeern mit die Schläfe brannten,
Und, voll das Herz von Aleranderschlachten,
Faßt‘ einen Plan ich, und den kaum gedachten
Vollführt‘ ich, eh‘ die Henker sich ermannten.
Das eitle Frankreich, dacht‘ ich, lockt der Degen,
Und kann es seinem Freiheitsdrang entsagen,
Will eine Welt ich ihm zu Füßen legen.
Kein Meer von Blut erfüllte mich mit Zagen,
Und stand zuletzt das Schicksal mir entgegen,
So war’s, weil Thron ich wollt‘ erjagen.«
Der Neffe.
»Nicht Frankreich zu befrei’n vom schweren Leide,
Des Oheims Krone kam ich nun zu tragen;
Doch gleich ihm rund heraus mein Ziel zu sagen,
Wie seine Fehler all‘, ich klug vermeide,
Gar leicht gelingt in list’gem Maskenkleide,
Was mit Gefahr in offner Schlacht wir wagen,
Das meine Feinde stets sich selber schlagen,
Ist mir ein Spiel bei deren Haß und Neide.
Held bin ich nur zum Schein; denn meine Stärke
Liegt in der Gegner Kleinlichkeit und Schwäche,
Die mir gesetzt ich hab‘ cum Augenmerke;
Daß ich den Hals an Göttlichem nicht breche,
Begnüg‘ ich mich an teuflisch schlauem Werke,
Von dem ich mehr des Glückes mir verspreche.«
Ein Haus.
Der Erste träumt von seinem Völkerstamme,
Der Zweite glüht für altersgraue Zeiten,
Der Dritte kann nur auf Doctrinen reiten,
Der Vierte sehnt sich nach der Kindheit Amme.
So lodert schon der Kampf in heller Flamme,
Du jeder will den vollen Sieg erstreiten,
Und sie sich nur in Einem nie entzweiten
Daß jeder all‘ die Anderen verdamme.
Sie wollen uns ein stattlich Haus erbauen;
Doch ganz und gar aus ungehau’nem Steine,
Nein, blos aus Eisen, nein, aus Kalk alleine, —
Bewahr‘, aus bloßem Holz sollt ihr’s erschauen!
Ein Kind sie hört, und denkt mit scheuem Beben:
Wozu hat Gott von allem euch gegeben?
Solidarität.
Damit das Elend künftig uns verschone,
Das über uns dein Name schon ergossen,
Ward von der Fürsten feierlichst beschlossen,
Daß Keiner von euch steige mehr zum Throne.
Doch da du frech gegriffen nach der Krone,
Da haben sie, wie sehr sie’s auch verdrossen,
Jedennoch anerkannt dich als Genossen,
Des Bienenfleißes Tod, die falsche Drohne!
Schwer muß die Schuld auf ihren Herzen liegen,
Der Eifersucht und Zwietracht nur beflissen;
Doch ist’s kein Grund, uns selbst in Ruh‘ zu wiegen,
Denn hätte schmählich nicht das Volksgewissen
Zum Siege der Verworfenheit geschwiegen,
Wir hätten sie zur Eintracht fortgerissen.
Prätorianer.
Von einem Krebs, o Fürsten, laßt euch sagen,
Der an dem besten Markt der Völker zehrt:
Stellt Einer tüchtig seinen Mann, dann ehrt
Und lohnt ihn nach Verdienst und ohne Zagen;
Doch hütet euch wie vor Egyptens Plagen,
Zu überschätzen seiner Thatkraft Werth,
Sei groß er oder klein, mag er das Schwert
Des Kriegs, mag er des Friedens Toga tragen.
Wird mehr, als billig ist, ihm zugestanden,
Gleich hält er sich für einzig, unentbehrlich,
Und meint, es sei der Staat für ihn vorhanden.
So ist der Mensch; und fällt in jenen Wahn er,
Dann ist er wie kein and’rer staatsgefährlich;
Der Nam‘ ist alt, und lautet: Prätorianer.
Die Verträge.
Der Erbfeind hatte seinen Herren gefunden,
Und sorgen galt’s durch dauernde Verträge,
Daß nie sich wiederholen jene Schläge,
Und daß die treuen Völker rasch gefunden.
Doch, die für’s Allgemeine sich verbunden,
Betraten bald der Selbstsucht Seitenwege,
Die Bahn, die grad‘ das Schwert sich schlug, ward schräge,
Durch Federkünste mehr und mehr gewunden.
Und was wir alle sollten heilig achten,
Wir lernten bald es hassen und verhöhnen,
Bedenkend nicht, wie sehr die Feinde lachten.
Nicht will ich damit uns’re Schuld beschönen,
Nur mahnen, bei den Völkerschlachten
Den Sieg des Rechts mit ächtem Recht zu krönen.
An die Kleindeutschen.
Wollt ihr’s nicht glauben, daß der Weg sich finde,
Oest’reich und Deutschland dauernd zu vereinen,
Dann nennet ihr mit Recht euch als die Kleinen,
Ihr in der Liebe Reich unheilbar Blinde.
Das Bad verschüttet ihr mitsammt dem Kinde,
Da rasche Thaten euch die besten scheinen;
Zu stoßen uns in’s Meer, mag euch nicht peinen,
Nun das Gewitter naht im Sturmeswinde.
Weh‘ euch! Wir steuern auf erprobtem Schiffe,
Und werden, wen auch schwer, das Land erreichen,
Dieweil ihr strandet an dem fränk’schen Riffe.
Nie werden in der Noth wir von euch weichen,
Doch eure Schuld ist’s, wenn im Rettungsgriffe
Wir Trümmer bergen nur und starre Leichen.
Vichy.
Es klopft ein Mann an deines Heilquells Thoren,
Und bittet dich, zu fristen ihm das Leben;
Eind Sclavenhändler ist’s, ein Dieb daneben,
Ein Räuber, wie noch keiner ward geboren.
Zu Strömen ging schon durch ihn Blut verloren,
Und aller Freiheit hat er Gift gegeben,
Seit ihm’s gelang, zum Thron sich zu erheben,
Gewaltig wie nur Rom’s Imperatoren.
Die du dem scheußlichsten Gezücht der Schlangen
Das Leben gönnst, Natur, erhör‘ sein Flehen,
Daß wir ihn nicht vom höchsten Glanz umfangen,
Um Gipfel seiner Macht bestatten sehen;
Es wär‘ die Schmach, wie seht wir uns vergangen,
Doch allzu groß für unsere Vergehen.
Austria.
»Solang ich euch geführt am Gängelbande,
Habt ihr mit Felsentreu‘ an mir gehangen,
Und nun die gold’ne Freiheit ihr empfangen,
Zerfallen sollte jener Fels zu Sande?
Mag sein, daß oft in blinden Unverstande
Zu hart euch meine Strenge hab‘ umfangen;
Doch nie hab‘ ich an euch mich so vergangen,
Daß ihr zerreißen dürftet heil’ge Bande.
Von eklem Bruderzwist das Aug‘ umnachtet,
Nicht seht ihr, wie mit unverhohl’nem Grimme
Der Erbfeind mir nach Ehr‘ und Leben trachtet.
Nach Ruhm gegehrt ihr; doch ihr strebt in’s Leere,
Wenn euch Natur nicht sagt, dies Gottesstimme,
Der Mutter Ehr‘ sei auch der Kinder Ehre.«
An Franz Deák.
Was deine Gegner auf gerader Bahn,
Erkämpfen wollten: Oesterreich zu spalten, —
Das strebst, gehüllt in schöne Redefalten,
Du auf dem krummen Pfad der Klugheit an.
Vor ird’schen Richtern mag des Truges Wahn
Sich eine Zeit lang aber Wasser halten;
Doch wo der Weltgeschichte Wogen walten,
Ist bloße Klugheit nur ein lecker Kahn.
Du rühmest dich als muthig und als frei;
Soll ich dir sagen, irrgeführter Weiser,
Worin du dich, der so den Schein du meidest,
Von der Beschlußpartei dich unterscheidest?
Nun, hinter ihr steht der Franzosenkaiser,
Und hinter dir steht die Beschlußpartei.
Unsere großen Parteien.
Es seh’n nur im Historischen die Einen
Die ganze Lösung uns’rer Lebensfragen;
Drum streben sie zurück nach alten Tagen,
Dieweil den Geist der Neuzeit sie verneinen.
Doch soll der Letz’re, wie die Andern meinen,
Allein die langersehnten Früchte tragen;
Sie wollen, was Geschichte gab, zerschlagen,
Als hohle Form, unwürdig fortzuscheinen.
So wird getrennt die Seele von dem Leibe;
Was Wunder, daß den Einen eine Leiche,
Den Andern ein Gespenst nur übrig bleibe!
Gefühl so wie Verstand nur Halbes gründen,
Und die Vernunft, die sie versöhnt als gleiche,
Nur sie kann ächte Lebensglut entzünden.
Er soll noch tanzen.
Er soll noch tanzen, sagt die frohe Märe
Doch, läßt auch nicht den Schritt der Wilde schwanken
Das tiefe Siechthum lagernd auf dem Kranken,
Verkündet, daß der Tod schon an ihm zehre.
Drum auf, ihr Herrscher, sammelt eure Heere,
Der Gotteslangmuth würdevoll zu danken,
Die euch noch gönnt, in ritterlichen Schranken
Zu waschen die befleckte Fürstenehre!
Verheißen habt ihr Freiheit euern Landen,
Doch lähmt euch selbst des Weltbeherrschers Krone,
Und macht das heil’ge Manneswort zu Schanden;
Zum blut’gen Reigen leget ein die Lanzen
Und wirbelt ihn von dem gestohl’nen Throne, —
Der alte Störenfried, er soll noch tanzen.
Gemeinsinn.
Es brummt vom hohen Thurm aus dunklem Munde,
Und helle Flammen in den Himmel steigen;
Jetzt ist es Zeit als Männer euch zu zeigen,
Als Ein Mann dazusteh’n in kräft’gem Bunde.
Statt dessen sieht man bei der düstern Kunde
Die Schaar, die Neugier lockte, sich verzweigen,
Ein Jeder denkt zu retten nur sein Eigen,
Und elend geht das Dorf im Brand zu Grunde.
Gemeinsinn, Urquell alles freien Lebens,
Durch dich nur kann das Vaterland gedeihen,
Und allerorten such‘ ich dich vergebens;
Erleuchtest du nicht unser Kämpfer Reihen,
Nur Opfer find wir ihres Sonderstrebens,
Und tiefste Knechtung nur ist ihr Befreien!
Neues Moskau.
Was kümmert’s mich, daß du sammt deinen Sbirren
Verächtlich lachst zu meines Worts Verhallen,
Daß alle Pfeile machtlos von dir prallen,
Die meinen Bogen giftgetränkt entschwirren?
Nie soll’s in meinem Freimuth mich beirren;
Denn meine Pfeile gelten Jenen allen,
Die stumm in Hofkleid vor dir niederfallen,
Anstatt von Rächerwaffen laut zu klirren.
Europa schläft entnervt, seit du’s umfangen,
Doch will so lang ich seine Feigheit hämmern,
Bis sich’s erhebt, nach Sühne zu verlangen;
Dann sollen Männer werden aus den Lämmern
Und soll die Scham auf Millionen Wangen,
Ein neues Moskau, dir entgegen dämmern.
Der Sechzehnender.
I.
Frage
Was soll die Märe von dem Sechzehnender,
Den zu Commpiègne, daß Blutdurst dran erwarme,
Von einem wuthentbrannten Rüdenschwarme
Zerreißen ließ ein neuer Todtenschänder?
War’s nur ein Bild, womit der Übersender
Der Welt erzählt, wie einst, daß Gott erbarme,
Der Deutsche zugeseh’n, Gewehr im Arme,
Als ihm den Bruder schlug der Weltverblender?
Wolt‘ er damit die Zukunft Deutschlands malen,
Um übermüthig hinterdrein zu prahlen,
Daß händeküssend zog der Gast von dannen?
So sucht, doch allzuweit, di bange Frage
Den Sinn der Nacht, erhellt zum vollen Tage
Vom Fackelglanz im Schloßhof des Tyrannen.
II.
Antwort.
Vom Fackelglanz im Schloßhof der Tyrannen
Zum Mittag ist die dunkle Nacht erhellt;
Ein Sechzehnender, Tage zuvor gefällt,
Gebettet liegt auf kühlem Grün der Tannen;
Und hundert Rüden, wüthig, kaum zu bannen,
Obgleich dem Seil die Peitsche sich gesellt,
Mann hetzt sie drauf, daß rings ihr Heuten gellt, —
Ein Schauspiel, würdig roher Fleischerschrannen.
Und endlich preisgegeben wird die Beute,
Und ist im Nu der Hirsch zerfleischt, zernagt,
Die Hetzlust schärfend der ergrimmten Meute.
Sonst wird das Eingeweid‘ ihr nur zur Speise;
Doch hier wird stets ‚was Übriges gewagt:
Es ist dieß des Emporgekomm’nen Weise.
An Deutschland.
In deinem eig’nem Wesen liegt’s begründet,
Daß du zur E i n h e i t niemals dich gestaltet;
Feind der Verschmelzung, die beim Franzmann schaltet,
Hat sich der Stamm dem Stamme nur verbündet.
Doch was den höchsten Segen dir verkündet,
Hat Uebermaß zum Fluche dir entfaltet,
Und statt der E i n i g k e i t, die liebend waltet,
Die Zwietracht herrscht und hassend dich durchschlündet.
O, seh’n denn deine Fürsten, die dich theilen,
Berufen zu vereinen dich im Bunde,
Seh’n sie denn nicht, wie deine Stunden eilen,
Wie stündlich tiefer wird die deutsche Wunde,
Und wie daran, wen sie’s nich find, die heilen,
Die Fürstenwürde selber geht zu Grunde?
Rheinsage.
»Dir bangt vor einem selbstegechaffnem Schemen,
Darob die Kinder bei uns lachen müßten.
Nicht mehr von Rhein. Mich follt‘ nach ihm gelüsten,
Um meinen Mantel flüchtig zu verbrämen.
Erst mußt du Rußland mir zu Tode lähmen,
Un Oesterreich zertrümmern und verwüsten,
Die beide sich mit deiner Neigung brüsten; —
Ich liebe dich, und will zum Weib dich nehmen.
Germania, traumhaftigste der Seelen,
Bis du mir angehört, mir ganz alleine,
Bin ich verdammt, mich g r e n z e n l o s zu quälen;
Doch wann das Ziel ich fasse, das ich meine,
Dann, füße Hülfte, will ich dir erzählen –
In stiller Nacht, — die S a g‘ vom deutschen Rheine.«
An Italien.
(Aus dem Italienischen des Filicaja.)
Italien, o du, daran verschwendet
Das Schicksal hat sein höchstes Maß an Schöne,
Urquell des tiefsten Elends deiner Söhne,
Das aus dir spricht, und deine Qual volendet;
O, wären mind’re Reize dir gespendet,
Und voller deine Kraft, daß sich entwöhne
Der Lieb‘ zu dir, und deine Macht nich höhne,
Der dein begehrt, und doch den Tod dir sendet.
Nicht säh‘ ich von den Alpen wogend sinken
Den Kriegerstrom, nich Gallierrosse trinken
Im Po dein Blut mit lüfternem Behangen,
Nicht dich, des Fremdlings Schwert an deiner Linken,
Mit fremden Arme deine Schlachten schlagen,
Um siegreich, wie besiegt, das Joch zu tragen.
Eine Übersetzung gehört, strenggenommen, nicht hierher; allein wir konnten der Versuchung nicht wiederstehen, sie dem Druck zu übergeben weil es diesem Augenblicke von zu hohem Interesse ist, zu sehen, wie einer der berühmtesten Italiener vor zwei Jahrhunderten über sein Vaterland geurtheilt hat.
Finanzoperation.
»Links die herausbeschwornen rothen Geister,
Recht eine halbe Million Soldaten,
Wie köstlich, ohne Gold und Assignaten,
Geberdet sich mein armer Säckelmeister!
Verzweifelt auf die leeren Kassen wist er;
Doch grämt’s zumeist ihn, daß den fremden Staaten
Der Riß sich endlich müsse ganz verrathen,
Da nicht mehr hilft der finanzielle Kleister.
Kurzsicht’ger Thor, laß uns die Roth gestehen;
Wenn dabei wir das Lied vom Frieden fingen,
Da müssen All‘ plötzlich meinen Degen schwingen,
Dann wird‘ ich plötzlich meinen Degen schwingen,
Und dießmal für die schönste der Ideen,
Nach Onkels Art, um Schätze heimzubringen.«
An Rückert.
Nicht deine Schätze reizender Ghaselen,
Die von des Orients schönsten Perlen glüh’n,
Nicht deine Lieder, drin zu Frühlingsblüth’n
Sich Duft und Licht so wunderbar vermählen, —
Deine Sonette, jene Heldenseelen,
Die blank in Stahl, von kühhnen Thaten sprün’n,
Den Helm geziert mit ew’ge Siegesgrün,
Sie find’s, die wachend mich und schlafend quälen.
Dein Wort schlug drein wie zündendes Gewitter,
Mich dir vergleichen konn’t ich nur im Wahne,
Denn mein Schwert is von deinem nur ein Splitter;
Wenn ich nun zu dir einen Weg mir bhne,
Nicht geiz‘ ich nach den Ohren deiner Ritter,
Als letzter Knappe folg‘ ich deiner Fahne.
Aufruf.
Solang die Lüge stolzem Throne
Die Wahrheit ungestraft in’o schlagen,
Und hoch die Stirn bei jeder Schanbthat tragen,
Dem letzten Hauch von Sittlichkeit zum Hohne.
Solang nur kriegsbereite Bataillone
Uns von den Segnungen des Friedens sagen,
Kann Wahnwitz nur nach Recht und Freiheit fragen,
Und wird dem Fleiß das Elend nur zum Lahne.
Aus Pflug und Senden Laßt uns Schwerter schmieden,
Den Streitern schlachten unsre letzten Kinder,
Kein Preis ist hoch für einen ächten Frieden;
Im faulen Sumpf, den uns der Ueberwinder,
Lambessa’s milder Pfleger hat beschieden,
Verfaulen wir, verfaulen unsre Kinder.
Der Löwe am Mincio.
I.
Am Minciostrand ein alter Löwe ruht,
Kein Spottlieb kümmert ihn aus wälschem Horne,
Nur manchmal blitzt sein Aug‘ in hellem Zorne,
Mann roth die Wogen färbt des Abends Glut.
Im Schlachtgetümmel quillt der Heldenmuth
So unerschöpflich ihm aus reichstem Borne,
Daß seine Schlachten all‘, selbst halbverlor’ne,
Der Feind ihm neidet in gerechter Wuth.
Drum hat der Franke gern sein Ziel vegessen,
Und was dem Wäl’schen heilig er versprochen,
Um nicht noch einmal sich mit ihm zu messen.
Warum der Löwe noch nicht sich gerochen?
Deutschland, du weißt’s, durch welche Schuld und wessen;
Gottlob, des Löwen Kraft ist ungebrochen!
II.
Gottlob, des Löwen Kraft ist ungebrochen,
Drum hat’s die Haut des Starken kaum durchdrungen,
Daß Renegaten jüngst und Gassenjungen
Dort an der Spree vor seinem Feind gekrochen.
Der muß erst überlaut am Rheinthor pochen;
Erst wann er auch in jenen Niederungen
Die blut’ge Geißel mörderisch geschwungen,
Dann, ach, erst dan wird Deutschland’s Star gestochen.
Noch sieht’s nicht, daß am Mincio hang sein Leben:
Dringt der Lateiner bis zur Adriaflut,
Dann muß er auch die Brennerhöh‘ erstreben;
Und daß ihm nie verfalle deutsches Blut,
Und Zeugniß von wahrhaft’ger Kraft zu geben,
Um Miniciostrand der alte Löwe ruht.
Nationalverein.
Wie sollten wir vertrauen deinem Munde,
Solang der Corse nickt zu deinem Plane?
O, trügest du, statt Einheit auf der Fahne,
Die Eintracht lieber tief im Herzensgrunde!
Du träumst, und hört nicht, wie zu raschem Bunde
Di Zeit nun Oesterreich und Deutschland mahne,
Und schlägst, nachjagend einem schönen Wahne,
Germanien nur eine neue Wunde.
Nie werden Heil wir uns von dem versprechen,
Der uns könnt‘ ofpern hohlen Theorien,
Dem Wahlspruch huld’gend: Biegen oder brechen.
Im Centrum zwar erhebt sich deine Schanze,
Doch, statt vermittelnd All’s uns anzuziehen,
Ein Keil treibt auseinander sie das Ganze.
Drum auf!
So lange weltbeherrschend an der Saine
Ein Bonaparte darf das Scepter führen,
Und ungestraft an jedem Aufstand schüren,
Drau sich ergetzt die Kampflust seiner Hähne,
Und wir in Waffen all‘ bis an die Zähne,
Nur lauschen, ob er läßt die Trommel rühren, —
Sind Träume nur, die us zum Spielball küren,
Der Wohlfahrt und der Freiheit stolze Pläne.
Das grüne Reis der Tapfern auf dem Hute,
Im Winkel, wohin seine Blick‘ uns bannen,
Aufwartend wie der Pudel vor der Ruthe,
Nur Helferschelfer sin wir des Tyrannen,
Des Will‘ ist, daß Europa still verblute;
Drum auf! daß wir spät uns nicht ermannen.
An Oesterreich.
Als Eckstein, daran Alles muß zerschellen,
Was der Empörung Bahnen mag betreten,
Kannst du den Völkerwanderungspropheten
Das Leben, o mein Oest’reich, nur vergällen.
Drum, wan im Sturme rings die Wogen schwellen,
Laß sie getrost mit deinem Feinden beten;
Im Freiheitsglanz, wie brünstig auch sie flehten,
Wird sich zuletzt dein Horizont erhellen.
Drei große Nationen zu versöhnen,
Die ohne dich nur könnten Schlachten schlagen,
Bist du bestimmt, und wirst dein Wert bekrönen;
Und auch das Volk der reisigen Magyaren,
Verwaist aus fernem Osten hergetragen,
Wird treu sich um dein Friedensbanner schaaren.
Die Quecke.
Daß ich am Fürstenthum in Treuen hauge,
Verkünd‘ ich laut in Worten und in Thaten;
Das Fühlen kann des Ausdrucks nicht entrathen,
Mann es etspringt aus ächtem Herzensdrange.
Und keine bitt’re Wahrheit macht mir bange,
Wann’s gilt, zu reinigen die gold’nen Saaten
Vom Unkraut des gekrönten Demokraten,
Der sie bedroht mit grausem Unterrgange.
Sollt‘ offen ich der Rettung Weg erblicken,
Und mit des Schmeichlers Feigheit inne halten,
Um keines Halmes Eitelkeit zu knicken?
Die giere Quecke darf nicht länger schalten;
Fort mit dem Netz, drin Alles muß ersticken,
Und doppelt schön wird sich die Frucht entfalten.
Caeterum vero censeo …
Laßt All‘ uns an dem Haus der Freiheit bauen,
Das Allen Heimlich werde drin zu Muthe,
Das Aller Treu‘ zum Kaiserthrone flute,
Als Freiheit kehrend nach den fernsten Gauen.
Kein Hemmniß trotzt dem ächten Selbstvertrauen,
Mann Liebe sucht, sie findet nur das Gute,
Laßt All‘ uns einsteh’n mit dem festen Blute,
Und staunend wird die Welt auf Oest’reich schauen …
Jedoch was hilft’s? Wir bau’n auf schnödem Sande
Und ringsum droht’s von unheilvollen Wettern
Wer zweifelt, blicke nach dem Schweizerlande.
Ein jeder Tag kann unser Werk zerschmettern,
Solang in Frankreich, des Jahrhundert’s Schande,
Der Corfe herrscht mit seinem gieren Vettern.