Liebe Vera, liebe Romi, liebe Ksenia, liebe Freunde von Josip, liebe Organisatoren der Literarna Hiša!
Ersteinmal möchte ich mich bei Euch allen ganz herzlich dafür bedanken, dass Ihr diese Abschiedsfeier für Josip organisiert habt und es möglich gemacht habt, dass ich an dieser Feier teilnehmen kann. Besonders gerührt hat mich die Freundlichkeit und Warmherzigkeit, mit der mich Vera, Ksenia und Romi aufgenommen haben, obwohl ich mit eine Ursache für Josips Tod bin.
Eigentlich mag ich öffentliche Reden dieser Art nicht und versuche sie, wenn irgend möglich, zu vermeiden. Aber für Josip mache ich eine Ausnahme, denn er war ein Ausnahmemensch: er war so ein besonderer Mensch, der mich auf so besondere Art berührt hat - seelisch, leiblich und geistig - wie nie ein Mensch zuvor. Er war so liebevoll, so warmherzig und gütig, ein Mensch, dem jede Bosheit fehlte.
Nie zuvor habe ich einen Mensch so ohne jedes Falsch getroffen. Er ging durch die Welt als ein Naiver - er erinnerte mich ein wenig an Parzival, der ja auch unberührt von allen Händeln, Egoismen und Kleinlichkeiten dieser von Konkurrenz geprägten Welt durchs Leben ging. Josip erzählte mir gelegentlich mit Begeisterung von dem Projekt "Terra Parzival", das Miha Pogacnik mit der Intention ins Leben gerufen hat, die vergessenen Verbindungen der Südsteiermark mit der Parzivalssage wieder zu beleben.
Josip, mein "Habibi", hatte aber nicht nur ein großes Herz, sondern war auch ein im umfassenden Sinne sinnlicher Mensch: er lebte und liebte mit allen Sinnen, mit Augen, Ohren, Nase, Händen. Er liebte die Musik, die Malerei, gutes Essen, die Natur, Schönheit in jeder Hinsicht, ein Synästhetiker, ein Holist, der die fürchterlichen Arbeitsteilungen zwischen körperlicher und geistiger Arbeit, zwischen akademischer und Alltagskultur, zwischen Kunst und Leben nicht akzeptierte und in seiner Person ein Stück weit überwand. Er war praktisch Ingenieur, Philosoph und Künstler in Einem. In dieser Hinsicht hatte ich in Josip eine verwandte Seele gefunden: auch mir hat die Überwindung der schrecklichen Vereinseitigungen immer sehr am Herzen gelegen, die uns der Kapitalismus mit seiner profitgetriebenen, neuerdings durch seine neoliberale Variante noch schneller gedrehten Versteinerung alles Lebendigen aufzwingt.
Ebenso wichtig war für Josip ein anderer Gedanke, den ich aus ganzem Herzen mit ihm teilte: der Gedanke der Interdependenz.
Der Gedanke, dass niemand abhängig, dependent, von jemand anderen sein solle, gleichzeitig aber ebenso wenig völlig unabhängig, independent, von anderen sein kann, sondern dass alle prinzipiell interdependent sind, das heisst sich in einem Verhältnis wechselseitiger Abhängigkeit voneinander befinden, immer in irgendeiner Weise miteinander verbunden sind: das Tun des Einen ist das Tun der Anderen. Hier hat Josip sich immer mit großem Respekt auf die Ideen seines Lehrers Matjaz Mulej und dessen dialektische Systemtheorie bezogen. Ihm verdankte er viel, ihn hat er nachgerade verehrt.
Wobei er den Gedanken der Interdependenz durchaus nicht nur auf das Verhältnis von Menschen untereinander bezogen hat, sondern auch auf das Verhältnis zu anderen Lebewesen und zur Natur insgesamt: dass wir alle prinzipiell mit allem verbunden sind. Hier ähnelte sein Denken sehr dem von Kropotkin mit der gegenseitigen Hilfe im Tier- und Menschenreich. Oft haben wir uns auch über die Vorstellung der südamerikanischen Indianer von der "Pacha Mama" unterhalten, der Mutter Erde, die uns Menschen ernährt und versorgt und mit der wir genauso sorgend und pfleglich umgehen müssen wie sie mit uns, statt sie aufzureißen, auszuschlachten und zu verstümmeln und damit unsere eigene Lebensgrundlage zu zerstören.
Das politische Engagement für den Erhalt und den pfleglichen Umgang mit der Natur (wobei der menschliche Körper und die menschliche Seele ein Teil dieser Natur sind) verband Josip mit dem politischen Engagement in der sozialen Frage, insbesondere dem Kampf gegen die auch in Slowenien enorm hohe Arbeitslosigkeit, von der er auch selbst betroffen war. In seinem Projekt einer Sozialkooperative für einen alternativen, ökologischen Tourismus, der das Wohlbefinden aller Beteiligten in jeder Hinsicht befördern sollte, versuchte er beides zu verbinden.
Auch das war für mich eine wunderbare Erfahrung: Josip war der erste Mensch, der mir begegnet ist, der soziales und ökologisches Engagement gleichermaßen wichtig nahm. So hat er auch sofort mein Engagement für Arbeitszeitverkürzung, für die 30Stundenwoche für Europa, verstanden: als ein Engagement für den Abbau der Arbeitslosogkeit, das den Menschen ihre Würde, ihre Gesundheit und ihre Zeit für sich und andere ein Stück weit zurückgeben soll, und er hat versucht, diesen Gedanken in die politische Diskussion in Slowenien einzubringen.
So ist für mich nicht nur ein wunderbarer Mensch, ein Mensch, mit dem ich so unverhofft so vieles teilen konnte, ein liebender und geliebter Mann gestorben, sondern auch ein Gefährte im Kampf um eine freundlichere, sinnlichere und lebenswertere Welt.
Ich vermisse Dich unendlich, mein Habibi.
Das Einzige, was mir und uns bleibt, um Dein Andenken zu bewahren und Dich unter uns wenigstens in Gedanken weiterleben zu lassen, ist, Deinen Kampf für eine Welt, in der der Mensch dem Menschen und der Natur ein Freund ist, fortzuführen.
Auf Wiedersehen - wo immer Du auch sein magst
Tvoja ljubicica Margareta
Liebe Vera, liebe Romi, liebe Ksenia, liebe Freunde von Josip, liebe Organisatoren der Literarna Hiša!
Ersteinmal möchte ich mich bei Euch allen ganz herzlich dafür bedanken, dass Ihr diese Abschiedsfeier für Josip organisiert habt und es möglich gemacht habt, dass ich an dieser Feier teilnehmen kann. Besonders gerührt hat mich die Freundlichkeit und Warmherzigkeit, mit der mich Vera, Ksenia und Romi aufgenommen haben, obwohl ich mit eine Ursache für Josips Tod bin.
Eigentlich mag ich öffentliche Reden dieser Art nicht und versuche sie, wenn irgend möglich, zu vermeiden. Aber für Josip mache ich eine Ausnahme, denn er war ein Ausnahmemensch: er war so ein besonderer Mensch, der mich auf so besondere Art berührt hat - seelisch, leiblich und geistig - wie nie ein Mensch zuvor. Er war so liebevoll, so warmherzig und gütig, ein Mensch, dem jede Bosheit fehlte.
Nie zuvor habe ich einen Mensch so ohne jedes Falsch getroffen. Er ging durch die Welt als ein Naiver - er erinnerte mich ein wenig an Parzival, der ja auch unberührt von allen Händeln, Egoismen und Kleinlichkeiten dieser von Konkurrenz geprägten Welt durchs Leben ging. Josip erzählte mir gelegentlich mit Begeisterung von dem Projekt "Terra Parzival", das Miha Pogacnik mit der Intention ins Leben gerufen hat, die vergessenen Verbindungen der Südsteiermark mit der Parzivalssage wieder zu beleben.
Josip, mein "Habibi", hatte aber nicht nur ein großes Herz, sondern war auch ein im umfassenden Sinne sinnlicher Mensch: er lebte und liebte mit allen Sinnen, mit Augen, Ohren, Nase, Händen. Er liebte die Musik, die Malerei, gutes Essen, die Natur, Schönheit in jeder Hinsicht, ein Synästhetiker, ein Holist, der die fürchterlichen Arbeitsteilungen zwischen körperlicher und geistiger Arbeit, zwischen akademischer und Alltagskultur, zwischen Kunst und Leben nicht akzeptierte und in seiner Person ein Stück weit überwand. Er war praktisch Ingenieur, Philosoph und Künstler in Einem. In dieser Hinsicht hatte ich in Josip eine verwandte Seele gefunden: auch mir hat die Überwindung der schrecklichen Vereinseitigungen immer sehr am Herzen gelegen, die uns der Kapitalismus mit seiner profitgetriebenen, neuerdings durch seine neoliberale Variante noch schneller gedrehten Versteinerung alles Lebendigen aufzwingt.
Ebenso wichtig war für Josip ein anderer Gedanke, den ich aus ganzem Herzen mit ihm teilte: der Gedanke der Interdependenz.
Der Gedanke, dass niemand abhängig, dependent, von jemand anderen sein solle, gleichzeitig aber ebenso wenig völlig unabhängig, independent, von anderen sein kann, sondern dass alle prinzipiell interdependent sind, das heisst sich in einem Verhältnis wechselseitiger Abhängigkeit voneinander befinden, immer in irgendeiner Weise miteinander verbunden sind: das Tun des Einen ist das Tun der Anderen. Hier hat Josip sich immer mit großem Respekt auf die Ideen seines Lehrers Matjaz Mulej und dessen dialektische Systemtheorie bezogen. Ihm verdankte er viel, ihn hat er nachgerade verehrt.
Wobei er den Gedanken der Interdependenz durchaus nicht nur auf das Verhältnis von Menschen untereinander bezogen hat, sondern auch auf das Verhältnis zu anderen Lebewesen und zur Natur insgesamt: dass wir alle prinzipiell mit allem verbunden sind. Hier ähnelte sein Denken sehr dem von Kropotkin mit der gegenseitigen Hilfe im Tier- und Menschenreich. Oft haben wir uns auch über die Vorstellung der südamerikanischen Indianer von der "Pacha Mama" unterhalten, der Mutter Erde, die uns Menschen ernährt und versorgt und mit der wir genauso sorgend und pfleglich umgehen müssen wie sie mit uns, statt sie aufzureißen, auszuschlachten und zu verstümmeln und damit unsere eigene Lebensgrundlage zu zerstören.
Das politische Engagement für den Erhalt und den pfleglichen Umgang mit der Natur (wobei der menschliche Körper und die menschliche Seele ein Teil dieser Natur sind) verband Josip mit dem politischen Engagement in der sozialen Frage, insbesondere dem Kampf gegen die auch in Slowenien enorm hohe Arbeitslosigkeit, von der er auch selbst betroffen war. In seinem Projekt einer Sozialkooperative für einen alternativen, ökologischen Tourismus, der das Wohlbefinden aller Beteiligten in jeder Hinsicht befördern sollte, versuchte er beides zu verbinden.
Auch das war für mich eine wunderbare Erfahrung: Josip war der erste Mensch, der mir begegnet ist, der soziales und ökologisches Engagement gleichermaßen wichtig nahm. So hat er auch sofort mein Engagement für Arbeitszeitverkürzung, für die 30Stundenwoche für Europa, verstanden: als ein Engagement für den Abbau der Arbeitslosogkeit, das den Menschen ihre Würde, ihre Gesundheit und ihre Zeit für sich und andere ein Stück weit zurückgeben soll, und er hat versucht, diesen Gedanken in die politische Diskussion in Slowenien einzubringen.
So ist für mich nicht nur ein wunderbarer Mensch, ein Mensch, mit dem ich so unverhofft so vieles teilen konnte, ein liebender und geliebter Mann gestorben, sondern auch ein Gefährte im Kampf um eine freundlichere, sinnlichere und lebenswertere Welt.
Ich vermisse Dich unendlich, mein Habibi.
Das Einzige, was mir und uns bleibt, um Dein Andenken zu bewahren und Dich unter uns wenigstens in Gedanken weiterleben zu lassen, ist, Deinen Kampf für eine Welt, in der der Mensch dem Menschen und der Natur ein Freund ist, fortzuführen.